Das Oberlandesgericht Köln kritisiert die Beweiswürdigung des Amtsgerichts in einem Fall von vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung in einem Baustellenbereich. Die Annahme eines bedingten Vorsatzes wird für nicht hinreichend belegt erachtet, und das Urteil wird vollständig aufgehoben.
→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: III-1 ORBs 273/23
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung kann ein Indiz für vorsätzliches Handeln sein.
Die Wahrnehmung einer Geschwindigkeitsbeschränkung ist grundsätzlich Voraussetzung für vorsätzliches Handeln.
Ein optisch erkennbarer Baustellenbereich auf der Autobahn lässt auf eine Geschwindigkeitsbeschränkung schließen.
Das Ausmaß der Überschreitung ist ein wichtiges Kriterium, um vorsätzliches von fahrlässigem Handeln abzugrenzen.
Die Feststellungen reichten nicht aus, um einen bedingten Vorsatz auf die konkrete Überschreitung von 101 km/h zu begründen.
Mögliche Erwägungen des Betroffenen zu einer geringeren vermeintlichen Höchstgeschwindigkeit wurden nicht hinreichend geprüft.
Die Rechtsfolgenentscheidung zur Geldbuße und Fahrverbotsdauer ist mangels ausreichender Prüfung des Vorstellungsbildes aufzuheben.
Die Rückwirkungen eines früheren Bußgeldbescheids auf die Sanktionsbemessung sind nicht belegt.
Vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung: Wenn Tempo-Höhenflug zur Straftat wird
Im Straßenverkehrsrecht spielt die Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit eine zentrale Rolle. Überschreitet ein Fahrzeugführer die erlaubten Tempolimits vorsätzlich, können empfindliche rechtliche Konsequenzen drohen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Fahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung kannte oder zumindest hätte kennen müssen. Denn nur bei einer bewussten Missachtung der Regeln lässt sich von einer vorsätzlichen Straftat sprechen. Fahrlässige Überschreitungen werden in der Regel milder bestraft. Ob und in welchem Maße ein Fahrer die Geschwindigkeit kannte und dennoch überschritt, ist daher ein wichtiger Aspekt, der sorgfältig geprüft werden muss. Am Ende dieses Be[…]