AG Tübingen – Az.: 16 OWi 16 Js 16761/21 – Urteil vom 29.09.2021
1. Der Betroffene wird vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Fahrpersonalgesetz freigesprochen.
2. Die Kosten des Verfahren und die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.
Angewendete Vorschriften: §§ 3, 46, 71 OWiG, 267 Abs. 5, 467 Abs. 1 StPO
Gründe
I.
Der Betroffene hat rechtzeitig gegen einen Bußgeldbescheid des Landratsamts Tübingen mit folgendem Vorwurf Einspruch eingelegt:
„Ihnen wird zur Last gelegt, am XXX um 11:00 Uhr in T. als Verantwortlicher des LKW Peugeot TÜ-XXX folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben:
Sie haben den vorgeschriebenen Fahrtenschreiber in das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen TÜ-XXX, zulässiges Gesamtgewicht 3500 KG, Anhänger TÜ-XYY, zulässiges Gesamtgewicht 3000 KG, nicht einbauen lassen. Ein Fahrtenschreiber muss in Fahrzeugen eingebaut sein, die der Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht (einschließlich Anhänger) mehr als 3,5 t beträgt.
Am Tattag wurde mit dem Fahrzeug Brennholz zum Kunden befördert, weshalb es sich um eine gewerbliche Fahrt handelte.
§ 8 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 FPersG, § 23 Abs. 1 Nr. 1 FPersV, Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 165/2014.“
II.
In der Hauptverhandlung hat das Gericht den Betroffenen angehört.
Der Betroffene ließ sich dahin ein, daß die sachlichen Feststellungen im Bußgeldbescheid zuträfen. Er falle jedoch unter die „Handwerkerregel“. Er biete land- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen an, insbesondere die Herstellung und den Verkauf von selbst geschlagenem Brennholz.
Er habe das Fahrzeug 2017 erworben und dann mit seinem Nachbarn, einem ausgebildeten Fahrlehrer, die Frage angesprochen, ob er einen Fahrtenschreiber einbauen lassen müsse. Der Fahrlehrer habe ihn dann auf die „Handwerkerregel“ aufmerksam gemacht. Diese sei wegen der „Polensprinter“ eingeführt werden. Ob es sich um eine Landes-, Bundes- oder sonstige Vorschrift handle, wisse er nicht. Er habe aber im Internet bei „google“ mit den Suchwörtern „Handwerkerregel“ und „Fahrtenschreiber“ recherchiert. Er könne die Seiten, die er angeschaut habe, nicht mehr benennen. Tenor sei aber jeweils gewesen, daß ein Handwerker keinen Fahrtenschreiber im Fahrzeug brauche, wenn die Fahrten nur eine untergeordnete Rolle spielten. Dies sei bei ihm der Fall. Er sei etwa 8 Stunden täglich mit Baumfällen, Spalten und Zuschnitt von Brennholz beschäftigt, nur etwa eine Stunde nutze […]