BayObLG
Az: 1 ObOWi 40/04
Beschluss vom19.02.2004
Tatbestand:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 22.10.2003 wegen einer am 4.2.2002 begangenen fahrlässigen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 74 km/h zu einer Geldbuße von 375 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügte der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Das Amtsgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, den langen Zeitraum zwischen der Tat am 4.2.2002 und der Entscheidung vom 22.10.2003 bei der Bemessung der Geldbuße und der Frage der Verhängung eines Fahrverbots zu berücksichtigen. Es sei auch versäumt worden, die Regelung des § 25 Abs. 2a StVG anzuwenden.
Gründe:
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der zulässigen Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 OWiG) hat – von der unterbliebenen Anwendung des § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG abgesehen – keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Zur Begründung wird auf die zutreffende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht Bezug genommen. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
1. Dass das Amtsgericht die in Nr. 11.3.10 der Tabelle 1c zum Bußgeldkatalog vorgesehene Regelahndung verhängt hat, ist nicht zu beanstanden.
a) Zwar kann es grundsätzlich gerechtfertigt sein, von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen, wenn die Tat lange zurückliegt und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat. Denn das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (BVerfGE 27, 36/42). Das Fahrverbot kann seinen Sinn verloren haben, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Wirksamwerden seiner Anordnung ein erheblicher Zeitraum liegt und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt worden ist.
Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnet. Dementsprechend finden sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Antworten darauf, ab wann von einem „erheblichen Zeitraum“ zwis[…]