BUNDESGERICHTSHOF
Az.: VI ZR 266/02
Verkündet am: 18.03.2003
Vorinstanzen: Pfälzisches OLG Zweibrücken – LG Landau
Leitsatz:
Ergeben nachträgliche Befunde eine Indikation für einen medizinischen Eingriff, der ohne wirksame Einwilligung vorgenommen wurde und deshalb rechtswidrig ist, rechtfertigt dieser Umstand regelmäßig den Eingriff nicht. Dies verbietet die Wahrung der persönlichen Entscheidungsfreiheit des Patienten, die nicht begrenzt werden darf durch das, was aus ärztlicher Sicht oder objektiv erforderlich und sinnvoll wäre.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2003 für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens sowie die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für zukünftige Schäden, die als Folgen eines nach einer Operation durch den Beklagten am 5. Mai 1995 erlittenen Schlaganfalles auftreten werden.
Im Frühjahr 1995 stellte der Beklagte bei der Klägerin anläßlich einer Krebsvorsorgeuntersuchung durch einen Abstrich eine Präkanzerose an der Gebärmutter fest. Am 21. April 1995 fand deshalb in der Praxis des Beklagten ein Gespräch zwischen den Parteien in Anwesenheit des Ehemannes der Klägerin statt. Dabei wurde von dieser ein „perimed“-Merkblatt zur Aufklärung über die Entfernung der Gebärmutter mittels Bauchschnittes (Hysterektomie) unterzeichnet. Am 2. Mai 1995 begab sich die Klägerin stationär in das Städtische Krankenhaus in L., in dem der Beklagte Belegbetten hatte, wo am Folgetag durch den Beklagten die Hysterektomie vorgenommen wurde. Die feingewebli-che Untersuchung des entnommenen Gewebes ergab leicht- bis mittelgradige Plattenepitheldysplasien der Portio vaginalis uteri, die vom Pathologen als eine cervikale intraepitheliale Neoplasie des Typs II (GIN II) gewertet wurde. Nach postoperativen Ko[…]