Stiefmutter muss Nachlass offenlegen! Eine Tochter aus erster Ehe erstritt vor Gericht ihr Recht auf Anwesenheit bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses – und deckte dabei möglicherweise einen dubiosen Autoverkauf auf. Der Streit um das Erbe ihres Vaters offenbart tiefe Gräben innerhalb der Patchwork-Familie. Zum vorliegenden Urteil Az.: 11 O 196/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Duisburg
- Datum: 07.05.2024
- Aktenzeichen: 11 O 196/23
- Verfahrensart: Zivilprozessverfahren über Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche
- Rechtsbereiche: Erbrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine der beiden erstehelichen Töchter des verstorbenen Q. W. C. Sie macht Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche gegen die zweite Ehefrau des Erblassers geltend. Die Klägerin argumentiert, dass das vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis nicht den Anforderungen entspreche, da ihr Anwesenheitsrecht bei der Erstellung nicht beachtet wurde und die inhaltliche Aufklärung unzureichend sei. Sie verlangt zudem ein Sachverständigengutachten zur Wertermittlung des PKWs des Erblassers.
- Beklagte: Zweite Ehefrau des Erblassers Q. W. C. Sie wurde im Testament des Erblassers zur Alleinerbin eingesetzt. Die Beklagte argumentiert, dass die Klägerin auf ihr Anwesenheitsrecht konkludent verzichtet habe und das vorgelegte Verzeichnis den Anforderungen entspreche. Sie behauptet, dass der Verkaufserlös des PKWs dessen tatsächlichem Wert entspreche.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin fordert von der Beklagten, die zweite Ehefrau ihres verstorbenen Vaters, Auskunft über den Nachlass des Erblassers durch ein erneutes, notarielles Nachlassverzeichnis unter Beachtung ihres Anwesenheitsrechts. Zudem verlangt sie eine Sachverständigenbewertung des PKWs des Erblassers zum Todeszeitpunkt, um mögliche Diskrepanzen im Verkaufspreis des Fahrzeugs aufzuklären.
- Kern des Rechtsstreits: Der Streit geht um die Einhaltung des Anwesenheitsrechts der Klägerin bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses sowie die Frage, ob der angegebene Verkaufspreis des PKWs seinem tatsächlichen Wert entsprach.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin, die eine erneute Erstellung des Nachlassverzeichnisses mit ihrem Anwesenheitsrecht verlangen kann. Zudem wurde die Beklagte verpflichtet, ein sachverständiges Gutachten zum Wert des PKWs am Todestag des Erblassers zu erstellen.
- Begründung: Das Anwesenheitsrecht der Klägerin bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses nach § 2314 BGB wurde nicht gewahrt, und es gab keinen konkludenten Verzicht. Die Beurteilung des Fahrzeugwerts durch Verkaufserlöse war nicht ausreichend, insbesondere wegen der Diskrepanz zu früheren Werten und der Veräußerung an eine Familienangehörige.
- Folgen: Die Beklagte muss erneut ein Nachlassverzeichnis unter Beteiligung der Klägerin erstellen lassen und ein Gutachten für den PKW vorlegen. Das Urteil dient der Stärkung der Rechte von Pflichtteilsberechtigten. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
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