Nach dem Tod der Eigentümerin sollte ein Grundstück verkauft werden – gestützt auf eine Vollmacht, die über das Leben hinaus wirkte. Das Grundbuchamt verlangte dafür einen Erbschein, da die Erbfolge unklar schien. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt hat nun klargestellt, wann eine solche „transmortale“ Vollmacht im Grundbuchverfahren ausreicht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 20 W 155/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Frankfurt
- Datum: 14.11.2023
- Aktenzeichen: 20 W 155/22
- Verfahrensart: Beschluss
- Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Nachlassrecht
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Nach dem Tod der eingetragenen Grundstückseigentümerin verkaufte eine Person mit einer Vollmacht, die auch nach dem Tod gültig sein sollte, das Grundstück. Das Grundbuchamt verlangte einen Erbschein, um die Erben festzustellen, da es die Vollmacht für möglicherweise unwirksam hielt. Die Person, die mit der Vollmacht gehandelt hatte, legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kernstreit war, ob das Grundbuchamt trotz Vorliegens einer Vollmacht, die über den Tod hinaus gültig ist, die Vorlage eines Erbscheins verlangen darf. Das Grundbuchamt meinte, die Vollmacht könne unwirksam geworden sein, wenn die Bevollmächtigte Alleinerbin ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Entscheidung des Grundbuchamts, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen, wurde aufgehoben.
- Begründung: Das Gericht erklärte, dass eine Vollmacht, die über den Tod hinaus gilt, grundsätzlich für die Eintragung im Grundbuch ausreicht und ein Erbschein nicht erforderlich ist. Die Vollmacht erlischt nicht automatisch durch den Tod, auch nicht bei möglicher Alleinerbenstellung, solange der Bevollmächtigte im Namen des Verstorbenen handelt. Die bloße Kenntnis des Grundbuchamts aus nicht förmlich nachgewiesenen Testamenten ist kein ausreichender Grund, die Gültigkeit der Vollmacht anzuzweifeln.
- Folgen: Das Grundbuchamt muss nun auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen und der über den Tod hinaus gültigen Vollmacht über den Antrag auf Eigentumsübergang entscheiden. Die Vorlage eines Erbscheins darf nicht mehr verlangt werden.
Der Fall vor Gericht
OLG Frankfurt: Transmortale Vollmacht gültig für Grundbucheintrag – Erbschein trotz möglicher Konfusion nicht nötig
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 14. November 2023 (Az.: 20 W 155/22) entschieden, dass das Grundbuchamt die Eintragung einer Eigentumsübertragung auf Basis einer über den Tod hinaus gültigen (transmortalen) notariellen Vollmacht nicht von der Vorlage eines Erbscheins abhängig machen darf, selbst wenn es Hinweise auf eine mögliche Alleinerbenstellung der bevollmächtigten Person gibt. Die bloße Möglichkeit einer sogenannten Konfusion – dem theoretischen Erlöschen der Vollmacht, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe wird – rechtfertigt die Forderung nach einem Erbschein nicht, solange der Bevollmächtigte ausdrücklich im Namen des Verstorbenen handelt.
Ausgangssituation: Immobilienverkauf nach dem Tod der Eigentümerin mittels Vollmacht
Im Zentrum des Falles stand ein Grundstück, dessen eingetragene Eigentümerin im Grundbuch verstorben war. Noch zu Lebzeiten hatte sie am 06. April 2021 einer Person eine umfassende notarielle Vollmacht erteilt, die ausdrücklich über ihren Tod hinaus wirken sollte (Transmortale Vollmacht). Nach dem Tod der Eigentümerin am XX.XX….