Abwägung zwischen Regelfahrverbot und Arbeitsplatzverlust
Das OLG Zweibrücken hat auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hin das Urteil des Amtsgerichts Speyer vom 8. Oktober 2019 teilweise aufgehoben. Der Betroffene wurde ursprünglich wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 61 km/h zu einer Geldbuße von 1.320 EUR verurteilt. Das Amtsgericht hatte jedoch von einem Regelfahrverbot abgesehen. Die Staatsanwaltschaft legte gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde ein und kritisierte insbesondere die fehlende Begründung für das Absehen vom Fahrverbot.
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Hintergrund und Begründung des Amtsgerichts
Der Betroffene, wohnhaft in Heilbronn, arbeitet in Lehrensteinsfeld im Schichtbetrieb. Aufgrund seiner Arbeitszeiten konnte er seinen Arbeitsplatz nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Sein Arbeitgeber drohte ihm, basierend auf einer vorgelegten Bescheinigung, mit Kündigung, falls er nicht zur Arbeit erscheinen könnte. Das Amtsgericht sah in einem möglichen Fahrverbot eine unverhältnismäßige Härte, da der Betroffene dadurch seine wirtschaftliche Existenz verlieren könnte. Daher wurde die Geldbuße verdreifacht und vom Fahrverbot abgesehen.
Kritik an der Entscheidung des Amtsgerichts
Das OLG Zweibrücken stellte fest, dass bloße Vermutungen oder Befürchtungen eines Arbeitnehmers bezüglich einer fahrverbotsbedingten Kündigung nicht ausreichen. Es ist notwendig, eine konkrete und akute Gefahr einer solchen Folge festzustellen. Obwohl der Betroffene eine Kündigungsandrohung seines Arbeitgebers vorgelegt hatte, muss das Gericht prüfen, ob eine solche Kündigung rechtlichen Bestand hätte. Wenn offensichtlich ist, dass die Kündigung rechtswidrig wäre, darf das Gericht nicht aufgrund dieser Drohung von einem Fahrverbot absehen.
Schlussbetrachtung und Rechtsprechung
Die Entscheidung zeigt die Komplexität der Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Durchsetzung von Verkehrsregeln und dem individuellen Interesse des Betroffenen an der Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz. Die Rechtsprechung erkennt an, dass in bestimmten Fällen von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, wenn dem Betroffenen dadurch erhebliche Nachteile entstehen. Allerdings muss diese Entscheidung auf einer soliden rechtlichen Grundlage getroffen werden und die potenziellen Konsequenzen für den Betroffenen müsse[…]