In diesem Fall, der 2013 vor dem Amtsgericht A-Stadt verhandelt wurde, ging es um einen Antragsteller, der wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort verurteilt worden war. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen und es wurde festgelegt, dass innerhalb der folgenden drei Monate keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden sollte. In den weiteren Verhandlungen kamen Fragen zur Wohnsitzfestlegung und zur Anwendung von EU-Richtlinien auf den Führerschein-Umtausch auf, die das zentrale rechtliche Problem darstellten.
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Zweifel am Wohnsitz und Gültigkeit des tschechischen Führerscheins
Im Jahr 2014 behauptete der Antragsteller, seinen Wohnsitz für mindestens sechs Monate in der Tschechischen Republik gehabt zu haben. Dies wurde jedoch angezweifelt. Darüber hinaus wurde die Gültigkeit seines tschechischen Führerscheins in Frage gestellt. Es stellte sich die Frage, welche Rolle der Wohnsitz und die nationalen Führerschein-Regularien in der Anwendung der EU-Richtlinien spielten.
Die 3. EU-Führerschein-Richtlinie und ihre Anwendung
Die 3. EU-Führerschein-Richtlinie erlaubt es, bei Verlust oder Diebstahl des Führerscheins, einen Ersatz bei den Behörden des Mitgliedstaats zu beantragen, in dem der Führerscheininhaber seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat. Es ist dann Aufgabe des umtauschenden Mitgliedstaates zu prüfen, für welche Fahrzeugklasse der vorgelegte Führerschein tatsächlich noch gültig ist.
Prüfung der Wohnsitzvoraussetzung und Folgen für den Führerscheintausch
Einem EU-Mitgliedstaat ist es erlaubt, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern, wenn sich herausstellt, dass der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Führerscheinausstellung nicht den erforderlichen Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat hatte. Die Informationen zum Wohnsitz können dabei sowohl aus dem Führerschein selbst als auch aus anderen unbestreitbaren Quellen stammen.
Entscheidung des Gerichts und offene Fragen
In diesem Fall gab es keine eindeutigen Beweise, die Anlass zur Verweigerung des Führerscheintausches gaben. Es bleiben jedoch Fragen offen, wie z.B. die genaue Auslegung des „gewöhnlichen Wohnsitzes“ in der EU-Richtlinie und die Beweislast bei strittigen Wohnsitzangaben. Diese Fragen unterstreichen die Komplexität der Anwendung von EU-Richtlinien im nationalen Kontext.