Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich!):
Auch bei einem kurzen Freiheitsentzug muss die Polizei umgehend eine richterliche Entscheidung einholen. Wird eine solche nicht eingeholt, gilt die Entschuldigung, dass kein Richter erreichbar war nicht!
BVerfG
Az.: 2 BvR 2292/00
Beschluss vom 15.5.2002
L e i t s ä t z e
1. Aus Art. 104 Abs. 2 GG folgt für den Staat die Verpflichtung, die Erreichbarkeit eines zuständigen Richters – jedenfalls zur Tageszeit – zu gewährleisten und ihm auch insoweit eine sachangemessene Wahrnehmung seiner richterlichen Aufgaben zu ermöglichen.
2.Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG setzt dem Festhalten einer Person ohne richterliche Entscheidung mit dem Ende des auf das Ergreifen folgenden Tages eine äußerste Grenze, befreit aber nicht von der Verpflichtung, eine solche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen.
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht – Zweiter Senat am 15. Mai 2002 beschlossen:
Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Oktober 2000 – 17 W 10/00 -, des Landgerichts Verden vom 18. Januar 2000 – 3 T 1/00 – und des Amtsgerichts Syke vom 6. Dezember 1999 – 14 XIV 910 B – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 2 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Syke zurückverwiesen.
Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerde-Verfahren zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die ohne richterliche Anordnung erfolgte Festnahme und Ingewahrsamnahme im Rahmen einer Abschiebung.
I.
1. a) Der Beschwerdeführer, ein gambischer Staatsangehöriger, wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Ihm wurde die Abschiebu[…]