BUNDESFINANZHOF
Urteil vom 26. Juli 2001
Az.: VI R 83/98
Vorinstanz: FG Baden-Württemberg
Leitsatz:
Zeichnet sich während eines Kalenderjahres ab, dass die Einkünfte oder Bezüge eines Kindes den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG voraussichtlich überschreiten werden, so ist die Familienkasse berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes rückwirkend mit Wirkung zu Beginn des Kalenderjahres aufzuheben.
Normen:
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 AO 1977
§ 31 Satz 3, § 32 Abs. 4 Satz 2, § 70 Abs. 2 und 3, § 71 EStG
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist der Vater eines am 3. April 1972 geborenen Sohnes. Dieser beendete am 30. Januar 1997 sein Studium der Rechtswissenschaft mit der Ersten juristischen Staatsprüfung. Zum 31. März 1997 wurde er exmatrikuliert. Am 1. April 1997 nahm er den juristischen Vorbereitungsdienst auf. Der Sohn hatte bis März 1997 keine Einkünfte. Ab April 1997 erhielt er als Beamter auf Widerruf Anwärterbezüge in Höhe von monatlich 1 935 DM.
Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Wehrbereichsverwaltung –Familienkasse–) änderte mit Bescheid vom 26. Juni 1997 die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn des Klägers dahin gehend, dass das Kindergeld ab Januar 1997 auf 0 DM festgesetzt wurde, und forderte das für Januar bis April 1997 gezahlte Kindergeld in Höhe von 880 DM zurück. Zur Begründung gab die Familienkasse an, dass die Einkünfte des Sohnes des Klägers im Jahr 1997 die maßgebliche Einkommensgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 12 000 DM voraussichtlich überschreiten würden und der Sohn des Klägers daher nicht für das Kindergeld berücksichtigt werden könne. Einspruch und Klage des Klägers gegen den Bescheid blieben ohne Erfolg. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1177 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die unrichtige Anwendung des § 70 i.V.m. § 62 ff. und des § 32 EStG sowie des § 175 der Abgabenordnung (AO 1977). § 175 AO 1977 sei entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht anwendbar, sondern die Vorschrift werde von § 70 EStG als lex specialis verdrängt. Dies folge schon d[…]