Mahnverfahren und die Bedeutung der Anspruchsindividualisierung
In einem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde die Frage behandelt, unter welchen Voraussetzungen die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren die Verjährung eines Anspruchs hemmt. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Individualisierung des Anspruchs im Mahnbescheid und den daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen.
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Die Kernpunkte des Urteils
Der BGH stellte klar, dass die Zustellung des Mahnbescheids die Verjährung nur dann hemmt, wenn der Schuldner durch die Bezeichnung des Anspruchs im Mahnbescheid eindeutig erkennen kann, woraus der Gläubiger seinen Anspruch ableitet. Ist der Anspruch im Mahnbescheid nicht ausreichend individualisiert, kann diese Individualisierung nachträglich vorgenommen werden. Dies hemmt die Verjährung jedoch nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Zeitpunkt der nachträglichen Individualisierung.
Blick auf den Erkenntnishorizont des Schuldners
Für die Individualisierung des Anspruchs ist ausschließlich der Erkenntnishorizont des Schuldners maßgeblich. Es spielt keine Rolle, ob die Individualisierung des Anspruchs in einem an das Gericht gerichteten Schriftsatz oder außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgt. Dies wurde vom BGH bestätigt.
Der konkrete Fall
Im vorliegenden Fall ging es um einen Anspruch aus einem Ingenieurvertrag. Die Klägerin hatte den Beklagten wegen mangelhafter Ingenieurleistungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Nach Abschluss des Bauvorhabens stellte der Beklagte der Klägerin eine Schlussrechnung, die sie auch beglich. Später nahm die Klägerin einen Dritten wegen Mehrkosten gerichtlich in Anspruch, wobei sie der Meinung war, dass der Beklagte für diese Mehrkosten und die entstandenen Prozesskosten aufkommen müsse. Ein Mahnbescheid wurde zugestellt, gegen den der Beklagte Widerspruch erhob. Das Landgericht wies die Klage der Klägerin ab, da der Anspruch verjährt sei. Die Klägerin legte Berufung ein, die jedoch erfolglos blieb.
Das Urteil des BGH
Die Revision der Klägerin war erfolgreich. Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Das Berufungsgericht hatte argumentiert, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch […]