Komplexe Auseinandersetzung um Rentenanspruch nach Arbeitsunfall
In einem langwierigen Streitfall mit weitreichenden Auswirkungen wurde über den Anspruch auf Rente infolge eines Arbeitsunfalls diskutiert. Der Kläger, der mehrere psychiatrische Aufenthalte im Klinikum A-Stadt hatte, führte ein durch eine schwere depressive Störung geprägtes Leben. Nachdem der erste stationäre Aufenthalt stattgefunden hatte, folgten vier weitere Aufenthalte. Der Kläger vertrat die Ansicht, dass seine psychische Beeinträchtigung eine direkte Folge des Arbeitsunfalls ist.
In diesem Fall stehen die Interpretation und die Einhaltung medizinischer und juristischer Standards im Zentrum der Diskussion. Es geht dabei um die Frage, wie medizinische Testergebnisse, Verhaltensbeobachtungen und Beschwerden des Klägers gewichtet und in den Entscheidungsprozess eingebunden werden sollen.
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Kontroverse medizinische Diagnose
Eine zentrale Kontroverse betrifft die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der ärztlichen Diagnose. Der von der Beklagtenseite beauftragte Unfallchirurg Dr. … behauptete, dass es keine gesicherten, unfallbedingten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gibt. Der psychopathologische Befund basiere in weiten Teilen auf den eigenen Beschwerden des Klägers und enthalte unzureichende differenzialdiagnostische Überlegungen. Die Diagnosen wurden nicht anhand üblicher diagnostischer Standards wie ICD-10 und DSM-5 begründet.
Anforderungen an den Nachweis von Gesundheitsschäden
Für den Nachweis von Gesundheitsschäden ist ein Vollbeweis erforderlich. Hier stellt sich die Frage nach der ausreichenden Wahrscheinlichkeit, die sowohl für die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität notwendig ist. Dabei muss eine vernünftige Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs genügt nicht.
Urteil und die Relevanz von vorherigen Gesundheitsstörungen
Das Urteil machte deutlich, dass neben den anerkannten Gesundheitsstörungen des Klägers – einem knöchern fest verheilten Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers mit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen – keine weiteren Gesundheitsschäden feststellbar sind, die durch den genannten Arbeitsunfall verursacht wurden. Es konnte kein Beweis dafür erbracht werden, dass der Unfall die wesentli[…]