Ein Blick in die Komplexität der Strafzumessung: Revision gewährt aufgrund unzureichender Berücksichtigung von Strafmilderungsgründen
Im Fall eines Angeklagten, der bereits wegen Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt wurde, ergab sich eine interessante Wendung. Der Mann, der zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden war, hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Seine Berufung konzentrierte sich auf den Rechtsfolgenausspruch, also den Teil des Urteils, der die Strafe festlegt. Obwohl er erhebliche Gründe für eine Milderung der Strafe vorbrachte, wurde seine Berufung vom Landgericht Neuruppin als unbegründet abgewiesen. Unzufrieden mit diesem Ergebnis ging der Angeklagte in Revision und brachte vor, dass das Gericht das materielle Recht verletzt habe. Diese Auseinandersetzung wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität der Strafzumessung und zeigt, wie wichtig es ist, dass Gerichte ihre Entscheidungen sorgfältig begründen.
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Revision gewährt: Ein Erfolg für den Angeklagten
Die Revision wurde vom Oberlandesgericht Brandenburg angenommen. Das Gericht stellte fest, dass die Berufung des Angeklagten form- und fristgerecht war und dass sie auf sachlicher Ebene erfolgreich war. Insbesondere war der Schuldspruch bereits rechtskräftig, da der Angeklagte seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hatte.
Unzureichende Berücksichtigung von Strafmilderungsgründen
Das Gericht fand jedoch, dass der Rechtsfolgenausspruch, also die Strafzumessung, nicht standhalten konnte. Trotz erheblicher Gründe für eine Strafmilderung – einschließlich der Tatsache, dass der Angeklagte ein Geständnis abgelegt, Reue gezeigt und eine psychotherapeutische Verhaltenstherapie begonnen hatte – wurde die ursprüngliche Strafe des Amtsgerichts nicht geändert. Dies warf Fragen auf, da der Angeklagte das Recht hat zu erfahren, warum er trotz der hinzugekommenen Strafmilderungsgründe genauso hart bestraft wird wie in der Vorinstanz.
Bedeutung der spezialpräventiven Wirkung
Besonders bemerkenswert ist, dass das Gericht betonte, dass eine angemessene Begründung für die Strafzumessung auch notwendig ist, um die spezialpräventive Wirkung der Verurteilung zu gewährleisten. Wenn die Strafe eines Angeklagten trotz unterschiedlicher, für die Strafzumessung relevanter Umstände gleich bleibt, kann dies die Wirkung der Verurteilung in Frage stellen.
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