Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 10 Sa 628/16 – Urteil vom 25.11.2016
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 30.06.2016 – 2 Ca 7/16 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Der am 16.12.1977 geborene Kläger ist seit 01.06.2004 bei der beklagten Stadt, die weit mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, als Müllwerker gegen ein Bruttoentgelt von zuletzt EUR 2.400,00 monatlich tätig. Er ist unverheiratet, lebt im Gemeindegebiet der beklagten Stadt und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder (Sohn und Tochter). Beide Kinder leben bei ihren jeweiligen Müttern.
Als örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe i.S.d. SGB XII gewährte die Beklagte dem Sohn des Klägers ab Mai 2013 ergänzende Sozialhilfeleistungen. In diesem Zusammenhang verschickte sie an die damalige Wohnanschrift des Klägers auf der I. straße 25 eine auf den 27.05.2013 datierende Mitteilung, mit der sie ihm die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an seinen Sohn gemäß § 94 Abs. 4 Satz 1 SGB XII schriftlich anzeigte und ihn zur Erstattung aufforderte (sog. Rechtswahrungsanzeige). Ob dem Kläger die gegen Übergabeeinschreiben zugesandte Anzeige zuging, ist unter den Parteien bis zuletzt streitig.
Zum 30.06.2014 zog der Kläger innerhalb des Gemeindegebiets von der I. straße 25 zur I. straße 70 um und meldete dies u.a. auch der Beklagten. An der neuen Adresse existierte kein separater Briefkasten für den Kläger. Vielmehr wurde die Post für alle Bewohner des Mehrfamilienhauses durch einen Schlitz eingeworfen und landete sämtlich im Hausflur.
Da der Kläger auf die Rechtswahrungsanzeige vom 27.05.2013 nebst Zahlungsaufforderung nicht gezahlt hatte, leitete die Beklagte beim zuständigen Amtsgericht Hagen das Mahnverfahren ein. Der Kläger legte gegen den am 30.07.2014 zugestellten Mahnbescheid keinen Widerspruch ein. Daraufhin erging unter dem 22.08.2014 Vollstreckungsbescheid über einen Gesamtbetrag von EUR 3.346,80, gegen den der Kläger zunächst ebenfalls keinen Einspruch einlegte. Dies geschah erst mit Schreiben vom 20.10.2014, mit dem der Prozessbevollmächtigte des Klägers sogleich auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Fristversäumnis beantragte. Zur Glaubhaftmachung legte er eine vom Kläger unterzeichnete, auf den 20.10.2014 datierende eidesstattliche Versich[…]