Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Urteil vom 28.01.2021 – Aktenzeichen: 11 U 91/20
Leitsatz:
Ein Hausgrundstück kann auch dann ordnungsgemäß im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB genutzt werden, wenn Pkw nicht auf dem Grundstück, sondern in der Nähe auf der Straße abgestellt werden können. Der Eigentümer des mit dem Notwegerecht belasteten Grundstücks muss Überfahrten der Grundstücksmieter zum Zwecke des Parkens auf dem begünstigten Grundstück nicht dulden.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 11.06.2020 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, nutzungsberechtigten Dritten die Fahrt mit Kraftfahrzeugen über das Grundstück A zum Zwecke des Parkens auf dem Grundstück B zu erlauben.
Der Beklagten wird für jede Zuwiderhandlung eine Verurteilung zu einem Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, angedroht.
Die Kosten des Rechtstreits haben die Kläger zu je 1/8, die Beklagte zu 3/4 zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund der Urteile gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.
Die Streitwerte werden wie folgt festgesetzt:
1. Rechtszug 7.685,00 €
2. Rechtszug 3.000,00 €
Der Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 16.04.2020 wird soweit abgeändert.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Notwegerechte.
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, wobei das Grundstück der Beklagten keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße hat, sondern hinter dem klägerischen Grundstück liegt. Die Beklagte bewohnt das Grundstück nicht selbst, sondern hat es vermietet. Die Mieter fahren regelmäßig mit Autos über das klägerische Grundstück über die gepflasterte Zufahrt und parken ihre Fahrzeuge auf dem Grundstück der Beklagten. Im Baulastenverzeichnis der Stadt ist eine Baulast eingetragen zu Gunsten des Grundstücks der Beklagten, wonach eine Zuwegung in einer Breite von 3,5 bzw. 4,5 m zur Verfügung gestellt und im Bestand gesichert wird. Ein Wegerecht ist im Grundbuch nicht eingetragen. An der öffentlichen Straße stehen Parkplätze zur Verfügung.
Die Klä[…]