LG Flensburg – Az.: 4 O 241/20 – Urteil vom 19.02.2021
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 144.621,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2020 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.305,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung geltend.
Der Kläger betreibt auf N unter der Anschrift … einen Hotel- und Gaststättenbetrieb. Für diesen unterhielt er bei der Beklagten bis zur Kündigung durch die Beklagte Ende August 2020 eine Betriebsschließungsversicherung gemäß dem Versicherungsschein vom 27.06.2019 unter Einbeziehung BL-AIHG-1607 der Beklagten (Anlage KJR 1, Bl. 21 ff. d. A.).
Am 17.03.2020 erließ die Schleswig-Holsteinische Landesregierung eine Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus (Anlage KJR 2, Bl. 60 f. d. A.), die in § 1 die Beherbergung von Personen zu touristischen Zwecken untersagte und in § 3 die Schließung von Gaststätten anordnete, denen nur noch ein Außerhausverkauf erlaubt wurde.
Der Kläger behauptet, er habe daraufhin seinen Betrieb vom 17.03. bis zum 17.05.2020 geschlossen. Dabei sei sein Restaurant sonst täglich außer mittwochs geöffnet gewesen, lediglich am 23. und am 30.03.2020 wäre es ohnehin geschlossen gewesen. Er habe für den Restaurantbetrieb gemäß dem Anlagenkonvolut KJR 3 (Bl. 62 ff. d. A.) Frischwaren im Einkaufswert von 1.121,50 Euro gekauft gehabt, die wegen der Betriebsschließung nicht rechtzeitig vor ihrem Verderb hätten verarbeitet werden können und deshalb vernichtet worden seien. Der Kläger meint, dass er – unter Berücksichtigung der vereinbarten Selbstbehalte – für 49 Schließungstage jeweils 3.000,00 Euro täglich und für die verdorbenen Lebensmittel 621,50 Euro als Versicherungsleistung von der Beklagten verlangen könne. Die Ziffern 1.1 und 1.2 der Versicherungsbedingungen seien jedenfalls gemäß § 305 c Abs. 2 BGB als dynamische Verweisung auf alle jeweils aktuell nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheite[…]