BGH, Az.: VIII ZR 35/71, Urteil vom 07.06.1972
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Dezember 1970 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Im Frühjahr 1969 beabsichtigten die Beklagte und ihr Ehemann, einen Zweitwagen zu erwerben, der vorwiegend von der Beklagten gefahren werden sollte. Am 5. April 1969 machte die Beklagte mit einem Vorführwagen der Klägerin, einem Simca 1100 GLS, eine Probefahrt. Die Beklagte besaß zu dieser Zeit erst seit etwa 5 Wochen den Führerschein der Klasse 3. Sie hatte vorher außer dem Fahrschulwagen, einem Opel-Pkw, nur den Citroen ID 19 ihres Mannes gefahren, der mit einer Servolenkung ausgestattet ist. Nachdem zunächst ein Verkäufer der Klägerin den Vorführwagen gelenkt hatte, setzte sich die Beklagte ans Steuer. In einer scharfen, leicht abschüssigen Linkskurve, in der die Straße sich wegen einer Bahnüberführung verengt, kam die Beklagte mit dem Pkw von der Fahrbahn ab und prallte gegen den Pfeiler der Eisenbahnbrücke. Das Fahrzeug der Klägerin wurde erheblich beschädigt. Die Klägerin hatte für das Fahrzeug keine Kaskoversicherung abgeschlossen.
Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Ersatz ihres Schadens, den sie mit 5 808,35 DM beziffert hat.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 5 383,35 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage ganz abgewiesen. Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Beklagte bittet, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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I. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, hat die Beklagte fahrlässig den im Eigentum der Klägerin stehenden Vorführwagen beschädigt.
Das Berufungsgericht verneint jedoch eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil die Parteien die Haftung der Beklagten stillschweigend abbedungen hätten. Es begründet den stillschweigenden Haftungsausschluß im wesentlichen mit folgenden Erwägungen: Bei einer Probefahrt bestehe ein erhöhtes Unfallrisiko, weil der Probefahrer in aller Regel mit den Eigentümlichkeiten des Vorführwagens nicht hinreichend vertraut sei. Der Kraftfahrzeu[…]