BGH, Az.: 4 StR 638/96, Beschluss vom 11.09.1997
1. Die Anordnung eines Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers kommt auch bei einer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, daß der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen mußte.
2. Die Bußgeldstellen und Gerichte brauchen bei einer solchen qualifizierten Geschwindigkeitsüberschreitung der Frage, ob die Tat auf einem lediglich einfach fahrlässigen Übersehen des die Geschwindigkeit beschränkenden Vorschriftszeichens beruht, nur auf eine entsprechende Einlassung des Betroffenen nachzugehen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h eine Geldbuße von 200 DM festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Nach den Feststellungen befuhr der Betroffene als Führer eines Personenkraftwagens die Heidestraße in Dessau, eine innerörtliche Straße, mit 69 km/h. Im Bereich der Meßstelle war die Geschwindigkeit durch Vorschriftszeichen gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO (Zeichen 274) auf 30 km/h beschränkt. Das Zeichen war auf beiden Seiten der Heidestraße – unmittelbar nach der Einmündung einer anderen Straße, aus der heraus der Betroffene in sie eingebogen war – aufgestellt. Der Betroffene nahm die Ausschilderung aufgrund mangelnder Sorgfalt nicht wahr.
Zur Anordnung des Fahrverbots hat das Amtsgericht ausgeführt: Die gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG erforderliche grobe Pflichtverletzung sei dadurch indiziert, daß der Betroffene das Regelbeispiel der Nr. 5.3.3. der Tabelle 1a Buchst. c) zu Nr. 5.3 des Bußgeldkatalogs erfüllt habe. Umstände, die seine Geschwindigkeitsüberschreitung als weniger schwerwiegend oder ausnahmsweise eine Erhöhung des Bußgeldes anstelle der Anordnung eines Fahrverbots zur Einwirkung auf ihn als ausreichend erscheinen ließen, seien nicht gegeben.
Mit seiner […]