BUNDESARBEITSGERICHT
Az.: 2 AZR 217/06
Urteil vom 10.03.2007
Leitsätze:
1. Die Vorschrift des § 90 Abs. 2a SGB IX gilt nicht nur für schwerbehinderte Menschen, sondern auch für ihnen nach § 68 SGB IX gleichgestellte behinderte Menschen.
2. Nach § 90 Abs. 2a 1. Alt. SGB IX findet der Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen dann keine Anwendung, wenn die Schwerbehinderung im Zeitpunkt der Kündigung nicht nachgewiesen ist.
3. Trotz fehlenden Nachweises bleibt der Sonderkündigungsschutz dagegen dann nach § 90 Abs. 2a 2. Alt. SGB IX bestehen, wenn das Fehlen des Nachweises nicht auf fehlender Mitwirkung des Arbeitnehmers beruht. Das Fehlen des Nachweises beruht nach dem Gesetz jedenfalls dann auf fehlender Mitwirkung des Arbeitnehmers, wenn er den Antrag auf Anerkennung oder Gleichstellung nicht mindestens drei Wochen vor der Kündigung gestellt hat. § 90 Abs. 2a 2. Alt. SGB IX enthält insoweit die Bestimmung einer Vorfrist.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Oktober 2005 - 10 Sa 502/05 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung.
Die 1957 geborene Klägerin trat 1995 in die Dienste der Beklagten. Als Chemiearbeiterin erzielte die Klägerin zuletzt eine Bruttovergütung von 2.300,00 Euro. Sie wies in den Jahren 1997 bis 2004 Arbeitsunfähigkeitszeiten wie folgt auf:
Jahr Kranktage Kranktage Bruttoentgeltfortzahlung AG-Anteile Gesamtauf-
mit Efz in EUR in EUR wendung
in EUR
1997 29 29 2.297,97 479,13 2.777,10
1998 118 63 5.065,47 1.056,15 6.121,62
1999 75 63 5.218,82 1.088,12 6.306,94
2000 229 0 0,00 0,00 0,00
2001 99 0 0,00 0,00 0,00
2002 115 64 5.886,57 1.227,35 7.113,92
2003 54 54 5.185,06 1.081,09 6.226,15
2004 87 53 5.135,94 1.070,84 6.20[…]