OLG Karlsruhe – Az.: 2 Rv 21 Ss 262/22 – Beschluss vom 26.07.2022
Dem Bundesgerichtshof wird gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Entfalten die §§ 277 bis 279 StGB in der bis zum 23. November 2021 geltenden Fassung eine Sperrwirkung (privilegierende Spezialität), die bei Vorlage eines Impfausweises mit gefälschten Eintragungen über den Erhalt von Covid-19 Schutzimpfungen in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Covid-19-Impfzertifikats einen Rückgriff auf § 267 Abs. 1 StGB ausschließt und einer Verurteilung nach dieser Vorschrift entgegensteht?
Gründe
I.
Das Amtsgericht L. hat den Angeklagten mit Urteil vom 08.02.2022 wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 150,00 EUR verurteilt.
Zur Tat hat der Strafrichter folgende Feststellungen getroffen:
„Am 03.11.2021 gegen 16.30 Uhr legte der Angeklagte in der Apotheke, H., der dortigen Mitarbeiterin B. einen auf ihn ausgestellten Impfpass vor, in dem zwei Schutzimpfungen gegen COVID-19 vom 10.06.2021 und 15.07.2021 durch das Zentrale Impfzentrum F. mit Stempel und Unterschrift vermerkt sind, um eine digitale Impfbestätigung zu erhalten. Diese Eintragungen stammten, wie er wusste, nicht vom Zentralen Impfzentrum F.. Die Zeugin B. erkannte die Fälschung und verständigte die Polizei. Durch die Vorlage des Dokuments wollte der Angeklagte gegenüber der Apotheke einen tatsächlich nicht bestehenden vollständigen COVID-19 Impfschutz vortäuschen, um mit Hilfe des digitalen Impfzertifikats weiter am öffentlichen Leben (Restaurants, öffentliche Veranstaltungen, Einkaufen etc.) teilhaben zu können.
Die Impfpassfälschung erhielt der Angeklagte von einer ihm nicht näher bekannten Person in einem Club in B.. Er bezahlte dafür 250 SFr. Er nahm das entsprechende Angebot an, weil er es ablehnt, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen, sich dadurch aber vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen fühlte.“
Im Rahmen der Beweiswürdigung ist folgendes ausgeführt:
„…der vom zentralen Impfzentrum F. verwendete Stempel [enthalte] stets auch eine Namensangabe, was beim Impfausweis des Angeklagten nicht der Fall gewesen sei“.
(Symbolfoto: nitpicker/Shutterstock[…]