Bundesgerichtshof
Az: IV ZR 9/08
Urteil vom 17.12.2008
Leitsätze:
1. Der Grundsatz der engen Auslegung von Risikoausschlussklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen gilt auch, wenn es um die Frage geht, ob eine Bestimmung überhaupt einen Risikoausschluss enthält oder einen im Bedingungswerk an anderer Stelle enthaltenen oder einen gesetzlichen Risikoausschluss (wie § 61 VVG a.F.) zum Nachteil des Versicherungsnehmers erweitert.
2. Eine Klausel, nach der der Versicherungsnehmer bei allen Handlungen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns seines Geschäftszweiges wahrzunehmen hat, ist als solche nicht als Erweiterung der Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. schon bei leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles zu verstehen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 24. November 1971 – IV ZR 135/69 -VersR 1972, 85).
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. November 2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. November 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Schmuckherstellerin, nimmt die Beklagte aus einem Vertrag über eine Transport-, Reise- und Warenlagerversicherung auf Zahlung von 113.464 EUR in Anspruch. Sie behauptet, ihrem Geschäftsführer sei am 7. Dezember 2005 während einer Verkaufsreise auf der niederländischen Antilleninsel Sankt Maarten in den Geschäftsräumen des Autovermieters bei der Rückgabe des Fahrzeugs eine Tasche mit 156 Schmuckstücken gestohlen worden.
Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger, jedenfalls aber leicht fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles nach § 61 VVG a.F. i.V. mit Nr. 7.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Nr. 7 AVB enthält „Allgemeine vertragliche Bestimmungen“. Nr. 7.1. AVB lautet:
„Allgemeine Pflichten Der Versicherungsnehmer hat bei allen Handlungen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns des Edelstein-, Schmuck- und Uhrengewerbes wahrzunehmen.“
Außerdem macht die Beklagte Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufsichtsobliegenheit nach Nr. 4.5.1 AVB und der Obliegenheit zur Anzeige bei der Polizei nach Nr. 7.5.3 AVB geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 84.835,20 EUR verurteilt. Mit[…]