Bundesverfassungsgericht
Az: 1 BvR 420/09
Beschluss vom 21.07.2010
In dem Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht am 21. Juli 2010 beschlossen:
§ 1626a Absatz 1 Nummer 1 und § 1672 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz) vom 16. Dezember 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 2942) sind mit Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes unvereinbar.
Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1626a des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.
Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1672 des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Der Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 30. Juni 2008 – 23 F 109/08 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Damit werden der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. November 2008 – 1 UF 180/08 – und der Beschluss des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 8. Januar 2009 – 43 F 3/09 – gegenstandslos. Die Sache wird an das Amtsgericht Bad Oeynhausen zurückverwiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Nordrhein-Westfalen haben dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass gegen den Willen der Mutter eine Übertragung der elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder auch oder allein auf den Vater unterhalb der Schwelle des Sorgerechtsentzugs gemäß § 1666 BGB nach den einschlägigen familienrechtlichen Vorschriften nicht mö[…]