BGH, Az.: III ZR 329/14
Urteil vom 09.07.2015
Amtliche Leitsätze:
1. Will der Patient eines Krankenhauses vom Träger der (hier in Mecklenburg-Vorpommern gelegenen) Klinik die Adresse eines Mitpatienten erfahren, damit er gegen diesen einen deliktischen Schadensersatzanspruch wegen einer während des Krankenhausaufenthalts begangenen vorsätzlichen Körperverletzung geltend machen kann, so ist der Krankenhausträger grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet. Insoweit überwiegt bei der im Rahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V vorzunehmenden Interessenabwägung regelmäßig das Auskunftsinteresse des Geschädigten das Datenschutzinteresse des Schädigers.
2. Ist die geforderte Mitteilung der Anschrift des Mitpatienten nach dieser Vorschrift erlaubt, scheidet eine Strafbarkeit der disionsrechtszugs hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der minderjährige Kläger verlangt Auskunft über die Anschrift des M. M. , mit dem er sich im November 2012 in der von der Beklagten betriebenen Fachklinik für Kinder und Jugendliche, die vor allem auf die Behandlung von Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen, psychischen und physischen Erkrankungen sowie Atemwegserkrankungen ausgerichtet ist, ein Zimmer teilte. Am 2. November 2012 zog sich der Kläger in der Klinik einen Armbruch zu. Dieser war nach der Behauptung des Klägers auf eine körperliche Misshandlung durch diesen Mitpatienten zurückzuführen. Um seinen Schadensersatzanspruch gegen M. M. durchsetzen zu können, sei er auf die Mitteilung der Anschrift durch die Beklagte angewiesen; sämtliche sonstigen Anstrengungen zur Ermittlung der Adresse seien fehlgeschlagen.
Die Beklagte hat die begehrte Auskunft verweigert. Sie befürchtet im Falle der Bekanntgabe der Adresse strafrechtliche Konsequenzen, weil es sich dabei um personenbezogene Daten handele, die der ärztlichen Schweigepflicht unterfielen und deren Offenlegung zudem datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegenstünden.
Die auf Erteilung der begehrten Auskunft gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Nennung der Adresse des minderjährigen Mitpatienten aus dem zwische[…]