AG Mülheim – Az.: 4 VI 916/21 – Beschluss vom 28.09.2021
Die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Antragstellers L2 erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
Die sofortige Wirkung des Beschlusses wird ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt.
Gründe
Der Erblasser verstarb am 11.03.2021. Er hinterließ zwei Verfügungen von Todes wegen. Ein Einzeltestament datiert vom 20.10.2019. In diesem Testament hat der Erblasser den Antragsteller und die weiteren Beteiligten zu jeweils 1/3 Anteil als Erben eingesetzt. Fünf Tage vor seinem Tod, am 06.03.2021, ließ er ein Nottestament vor drei Zeugen in einem Krankenhaus beurkunden. Darin hat er seine Nichte, die Beteiligte zu 2., Frau L5, zu seiner Alleinerbin ernannt.
Der Antragsteller meint, dieses Nottestament sei unwirksam. Es sei deshalb testamentarische Erbfolge aufgrund des Testaments vom 20.10.2019 eingetreten.
Die Beteiligte zu 2. hält das Nottestament für wirksam. Der 06.03.2021 war ein Samstag. Ein Notar habe nicht zur Verfügung gestanden. Überdies hatte der Erblasser die Befürchtung, jederzeit in einen komatösen Zustand fallen zu können und deshalb ein Testament nicht mehr errichten zu können.
Entgegen der Einschätzung der Beteiligten zu 2. ist das Nottestament vom 06.03.2021 unwirksam.
Es kann offenbleiben, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung der Erklärung noch testierfähig war oder nicht. Es kann auch offenbleiben, ob die Voraussetzungen gemäß § 2250 Abs. 1, Abs. 2 BGB dergestalt vorlagen, dass entweder eine Absperrung des Erblassers vorlag oder er sich in naher Todesgefahr befand. Denn der Erblasser hat das Testament nicht vor drei Zeugen errichtet.
Die Testamentserrichtung muss vor drei Zeugen erfolgen. Die Zahl von drei Zeugen stellt eine Mindestzahl dar. Mehr Zeugen sind unschädlich. Mindestens drei Zeugen müssen jedoch während der gesamten Testamentserrichtung anwesend sein. Dies betrifft sowohl die mündliche Erklärung des Erblassers als auch die Niederschrift und deren Verlesung, die Genehmigung und schließlich die Unterzeichnung durch den Erblasser. Im Laufe des Vorgangs müssen sämtliche Zeugen gleichzeitig persönlich anwesend sein. Eine Stellvertretung ist, da die Zeugen als Wahrnehmungszeugen fungieren, nicht möglich. Eine sukzessive Erklärung vor jedem einzelnen Zeugen ist nicht zulässig. Die Zeugen müssen vielmehr bei dem gesamten Vorgang der Testamentserrichtung gleichzeitig anwesend sein, um hiervon Zeugnis ablegen zu kön[…]