Oberlandesgericht Düsseldorf
Az: IV-5 Ss-OWi 129/08 – (OWi) 75/08 I
Beschluss vom 17.09.2008
In der Bußgeldsache wegen Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr hat der 1 Senat für Bußgeldsachen nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am 17. September 2008 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 18. März 2008 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Neuss zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft zu 75 € Geldbuße verurteilt und – wegen einer einschlägigen Vorbelastung – ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Seine Überzeugung, dass der Betroffene die Person auf dem Radarfoto war, beruhte auf einem schriftlichen Lichtbildvergleichsgutachten, das in der Hauptverhandlung verlesen worden ist. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat mit der hinreichend ausgeführten Verfahrensrüge vorläufig Erfolg, Der Amtsrichter hat gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, indem er den Antrag des Betroffenen, den Sachverständigen in der Hauptverhandlung mündlich zu hören, abgelehnt hat.
1. Die Verlesung des Gutachtens war an sich kein Verfahrensfehler. Das folgt zwar nicht aus § 256 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) StPO, den das Amtsgericht herangezogen hat, der aber in Nordrhein-Westfalen nicht anwendbar ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. [2008], § 256 Rdnr. 17). Das Gutachten durfte aber nach Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) dieser Vorschrift verlesen werden, weil der Sachverständige – was der Senat im Wege des Freibeweises geklärt hat – für die Erstellung von Gutachten dieser Art allgemein vereidigt ist.
2. Nach Lage des Falles hätte der Amtsrichter aber dem ausdrücklichen Antrag des Betroffenen, den Sachverständigen mündlich zu hören, stattgeben müssen:
a) Im Zuge der Beweiswürdigung heißt es in dem angefochtenen Urteil:
„Zu einem eigenen Vergleich des bei der Messung erzeugten Fahrerfotos mit dem Aussehen des Betroffenen sah sich das Gericht mangels Sachkunde auf dem Gebiet der Gesichtsphysiognomie nicht in der Lage. Die Überzeugungsbildung des Gerichts beruht auf den sachverständigen Ausführungen des Privatdozenten Dr. med. H. in dessen schriftlichem Gutach[…]