Estrichleger erhält Werklohn nach Kündigung
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat in seinem Urteil vom 22. März 2023 entschieden, dass der Klägerin ein Werklohnanspruch nach Auftraggeberkündigung zusteht. Dieser Anspruch basiert auf einem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag über den Einbau eines Estrichs. Trotz einiger Unklarheiten im Vertragsschlussprozess und der darauffolgenden Kündigung durch die Beklagte hat das Gericht die Beklagte zur Zahlung von 9.902,37 € plus Zinsen verurteilt.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
Werklohnanspruch: Der Klägerin steht ein Werklohnanspruch nach freier Kündigung durch den Auftraggeber gemäß §§ 631 Abs. 1, 648 Satz 2 BGB, § 16 Abs. 3 VOB/B zu.
Vertragsabschluss: Ein Werkvertrag über den Einbau eines Estrichs kam zwischen den Parteien zustande, wobei die Details der Vertragsbildung im Laufe des Verfahrens analysiert wurden.
Angebot und Annahme: Das Landgericht lehnte ursprünglich einen Vertragsschluss ab, das Oberlandesgericht bewertete jedoch die E-Mail der Beklagten als neues Angebot, das implizit angenommen wurde.
Auslegung der Kommunikation: Die E-Mail der Zeugin S1 wurde als neues Angebot der Beklagten und nicht der ursprünglich adressierten U1 GbR angesehen.
Annahme durch Schweigen: Das Gericht akzeptierte, dass ein Vertragsschluss auch durch Schweigen erfolgen kann, wenn bereits Vorverhandlungen stattgefunden haben.
Kündigungsvergütung: Die Klägerin hat Anspruch auf die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitig erzielten Erlösen gemäß § 648 Satz 2 BGB.
Zinsansprüche: Die Klägerin hat Anspruch auf Zinsen seit der endgültigen Verweigerung der Werklohnvergütung.
Kostenentscheidung: Die Kosten der ersten Instanz werden zwischen Klägerin und Beklagter aufgeteilt, während die Kosten der zweiten Instanz vollständig von der Beklagten getragen werden.
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Werklohnanspruch im Baurecht: Eine juristische Betrachtung