Fehlbehandlung durch Durchgangsarzt führt zu Schmerzensgeld und Schadensersatz
In dem vom Landgericht Bonn (Az.: 9 O 145/19) am 26.06.2020 gefällten Urteil ging es um die Forderungen eines Klägers gegen eine durchgangsärztliche Praxis aufgrund einer nach Ansicht des Klägers fehlerhaften medizinischen Behandlung. Der Kläger erlitt eine Kreissägen-Verletzung am Zeigefinger, die der Durchgangsarzt zunächst als knochenfrei einschätzte. Eine spätere Untersuchung ergab jedoch, dass es zu erheblichen Schäden kam, darunter eine Infektion, die den Verlust der korrespondierenden proximalen Gelenkfläche des proximalen Interphalangealgelenks (PIP-Gelenk) zur Folge hatte.
Weiter zum vorliegenden Urteil z.: 9 O 145/19 >>>
Diagnose- und Behandlungsfehler mit schweren Folgen
Trotz der offensichtlichen Verletzung führte der Durchgangsarzt lediglich eine Wundexploration unter Lokalanästhesie durch und stellte fest, dass die Strecksehne – soweit einsehbar – intakt gewesen sei. Die ernste Verletzung wurde somit nicht ausreichend diagnostiziert und therapiert. In der Folge verschlechterte sich der Zustand des Klägers erheblich, wodurch er stationär aufgenommen und zur operativen Infektsanierung vorbereitet wurde. Es stellte sich heraus, dass es sich um eine Strecksehnenphlegmone handelte, die durch eine fehlerhafte Nahtversorgung der ursprünglichen Verletzung entstanden war.
Schmerzensgeld und Schadensersatz für den Patienten
Das Gericht verurteilte die beklagte Durchgangspraxis schließlich dazu, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2018 zu zahlen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger den durch die fehlerhafte ärztliche Behandlung entstandenen und künftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Einflussfaktoren auf das Urteil
Wesentlicher Faktor für das Urteil war die Anerkennung des Behandlungsfehlers. Dieser hatte zur Folge, dass der Kläger einer gesundheitsbeeinträchtigenden Infektion ausgesetzt wurde. Ein korrektes Débridement mit primärer Versorgung der Strecksehne hätte den Infekt vermieden und ein besseres funktionelles Ergebnis erlaubt. Weitere Faktoren waren der verlängerte stationäre Aufenthalt und die infektionsbedingt aufwändige[…]