Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 6 Sa 302/20 – Urteil vom 20.04.2021
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 04. August 2020 – Az.: 4 Ca 1145/19 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten, über die Weiterbeschäftigung des Klägers und über die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
Der 1992 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten, einem Chemiekonzern mit weit mehr als 10 Beschäftigten mit Ausnahme der Auszubildenden, auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 8. Februar 2016 (Bl. 6 ff. d. A.; im Folgenden: AV) seit 1. April 2016 als Chemiebetriebsarbeiter beschäftigt. Zuvor war der Kläger seit dem 1. April 2012 bei der C. Z. GmbH angestellt und im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig. Gemäß § 1 Abs. 2 AV werden diese „früheren Dienstzeiten“ für die Betriebszugehörigkeit des Klägers anerkannt. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt des Klägers (unter Einbeziehung von Erfolgsbeteiligung und Zusatzvergütungen) beläuft sich in Vollarbeitszeit zuletzt auf 5.287,97 EUR, das Tarifentgelt (E 4) mit Schichtzulage auf 3.206,50 EUR. Seit 15. Juli 2017 ist der Kläger in der Einheit G-CCP/OJD im Betrieb X. 000 in der Schicht B tätig.
Im Zeitraum vom 15. November 2017 bis 18. Februar 2019 ereigneten sich im Betrieb X. 000 mehrere Diebstähle von Bargeld und Dokumenten und eines werthaltigen Kugelschreibers. Betroffen waren verschiedene Mitarbeiter der Schicht B, ein Auszubildender und die „Schichtkasse“. Der Kläger gab gegenüber der Beklagten an, ihm seien am 18. Februar 2019 50,00 EUR aus seinem Geldbeutel gestohlen worden. Die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.
Im Jahr 2019 kam es zu folgenden Vorfällen an Betriebsanlagen im Betrieb X. 000, wobei die weiteren Einzelheiten zwischen den Parteien umstritten sind:
Am 17. Januar 2019 wurde während der Schicht B – ohne betriebliche Veranlassung – eine Weiterschaltbedingung in der Schrittkette am Rührbehälter R 2500 am FL 11Pulversynthese quittiert und die Schrittkette „auf Hand“ gesetzt. Anlagenfahrer war der Zeuge Y.. Da bemerkt wurde, dass der Rührer sich abgeschaltet und das Bodenventil sich geöffnet hatte, konnte ein Überlaufen des nachfolgenden Behälters und ein Produktaustritt verhindert werde[…]