OLG Hamm, Az.: 27 U 83/96, Urteil vom 12.11.1996
Tatbestand
Die hinterbliebenen Kläger, Ehefrau und Kinder des bei einem Verkehrsunfall am 26.6.1991 gegen 0.15 Uhr außerorts von … auf der … bei Kilometer 4.165 als Beifahrer in seinem Pkw Nissan Bluebird getöteten Unternehmers … (geb. am 14.8.1938), beanspruchen von dem beklagten Landwirt Ersatz ihres Unterhaltsschadens für Vergangenheit und Zukunft. Der Sohn des Getöteten … führte dessen Pkw in Richtung … und kollidierte dabei mit vier Rindern des Beklagten, die aus einer ca. 1.000 m vom Unfallort entfernten und mit dreireihigem Stacheldraht bis zur Höhe von 1 m bewehrten Weide ausgebrochen waren.
Die Kläger haben Unabwendbarkeit des Unfalls geltend gemacht, weil – so haben sie behauptet – die Rinder so plötzlich aus der Deckung in die Fahrbahn gesprungen seien, daß … nicht mehr unfallvermeidend darauf habe reagieren können. Sie haben dem Beklagten mangelhafte Sicherung der Weide vorgeworfen und insbesondere die Höhe der Umzäunung als unzureichend beanstandet.
Das Landgericht Münster hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger führte zum Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Beklagte ist dem Grunde nach verpflichtet, den Klägern den Unterhaltsschaden aus dem Verkehrsunfall für Vergangenheit und Zukunft zu 2/3 zu ersetzen. Zur Entscheidung über die Höhe und Dauer der den Klägern zustehenden Rente ist das Landgericht berufen, weil der Streit über den Betrag des Anspruches noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
1. Der Beklagte haftet gem. § 833 S. 1 BGB als Halter der Rinder, die den Unfall verursacht haben. Daß er bei der Beaufsichtigung der Tiere die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hätte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre, was dessen Ersatzpflicht gem. § 833 S. 2 BGB hätte ausschließen können, ist nicht erweislich. Die Folgen dieses ungünstigen Beweisergebnisses treffen den Beklagten, denn ihm obliegt der – strengen Anforderungen unterliegende – Entlastungsbeweis.
Die gehörige Beaufsichtigung von weidenden Rindern setzt eine sichere Umzäunung der Weidefläche gegen die Gefahr eines Ausbruchs der Tiere voraus. Diese muß, auch wenn eine absolute Ausbruchsicherheit unerreichbar ist, doch so beschaffen sein, daß es unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen zu einem Ausbruch eigentlich nicht kommen kann. Der Sachverständige … hat dazu ausgeführt, daß es verbindliche Vorgaben für die Beschaffenheit von Weidezäunen zwar nicht gebe, ei[…]