BGH
Az.: III ZR 213/03
Urteil vom 11.03.2004
Vorinstanzen: LG Dessau, AG Dessau
Leitsatz vom Verfasser (nicht amtlich!):
Viele Ehegatten wissen nicht, dass der andere Ehegatte Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie (z.B. Einkauf im Supermarkt etc.) mit Wirkung auch für ihn eingehen kann (vgl. § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB). Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt (vgl. § 1357 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Verpflichtung gilt grundsätzlich auch für Dauerschuldverhältnisse (z.B. Mietverträge, Mobilfunkverträge oder wie hier ein Telefondienstvertrag). Eine Verpflichtung des anderen Ehegatten ist unter Umständen dann ausgeschlossen, wenn durch die Verbindlichkeit Kosten entstehen, die den angemessenen Lebensbedarf der Familie überschreiten. Dies bestimmt sich immer nach dem Einzelfall und den finanziellen Verhältnissen der jeweiligen Familie.
Sachverhalt:
Im vorliegenden Fall hatte der Ehemann der Beklagten mit der Klägerin einen Telefondienstvertrag über einen Festnetzanschluss für die gemeinsame Wohnung abgeschlossen. Es fielen im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1998 Telefongebühren in Höhe von 6.400 DM (hauptsächlich Verbindungen zu 0190-Nummern) an. Da der Ehemann zwischenzeitlich aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war und die Beklagte den Telefonanschluss übernommen hatte, verlangte die Klägerin von dieser die Begleichung der offen stehenden Rechnungen. Die Beklagte zahlte lediglich 770 DM und verweigerte weitere Zahlungen.
Entscheidungsgründe:
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die Klägerin nicht ohne weiteres gegen die Beklagte einen Anspruch auf Begleichung der offen stehenden Rechnungen hat. Zwar können Ehegatten gem. § 1357 Abs. 1 BGB Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie eingehen, durch die der andere Ehegatte auch verpflichtet wird. Jedoch sind insoweit die finanziellen Verhältnisse der Familie zu berücksichtigen.
Generell stellt der Abschluss eines Telefondienstvertrages ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs dar. Die Möglichkeit zu telefonieren, ist ein Grundbedürfnis in der heutigen Gesellschaft. Dass mit einem solchen Vertrag ein Dauerschuldverhältnis begründet wird[…]