Kritische Analyse des Beschlusses: Fehlerhafte Beweiswürdigung und Doppelverwertungsverbot im Bußgeldverfahren
Das Kammergericht Berlin hat in einem Beschluss vom 18. August 2023 mehrere gravierende Fehler im Urteil des Amtsgerichts Tiergarten aufgezeigt. Im Kern ging es um eine Geldbuße gegen die Betreiberin eines Massagesalons, die ihre Angestellte ohne gültige Anmelde- und Aliasbescheinigung sexuelle Dienstleistungen ausüben ließ. Das Hauptproblem lag in der unzureichenden Beweiswürdigung und der fehlerhaften Bemessung der Geldbuße.
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Mängel in der Beweisführung und Betriebsverantwortung
Das Amtsgericht hatte die Betreiberin zu einer „Gesamtgeldbuße“ von 1200 Euro verurteilt. Dabei wurden jedoch wesentliche Aspekte der Beweisführung vernachlässigt. Insbesondere wurde nicht ausreichend geklärt, ob die Betroffene tatsächlich die betriebsverantwortliche Person war. Die Feststellung, dass sie sich als „Gewerbetreibende“ ausgab, reichte nicht aus, um ihre Verantwortung für die illegalen Aktivitäten im Salon zu belegen.
Unzureichende Darstellung der inneren Tatseite
Ein weiterer Kritikpunkt des Kammergerichts war die unzureichende Darstellung der inneren Tatseite. Das Amtsgericht hatte keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Betroffene wusste, dass ihre Angestellte sexuelle Dienstleistungen anbot. Diese Lücke in der Beweiswürdigung machte es dem Rechtsbeschwerdegericht unmöglich, die Entscheidung des Amtsgerichts auf mögliche Rechtsfehler zu überprüfen.
Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot
Das Kammergericht kritisierte zudem, dass das Amtsgericht bei der Bemessung der Geldbuße gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen hatte. Dieses Verbot besagt, dass Umstände, die bereits zum Tatbestand der Bußgeldnorm gehören oder das generelle gesetzgeberische Motiv für die Bußgelddrohung betreffen, nicht erneut bei der Bemessung der Geldbuße herangezogen werden dürfen.
Problematik der „Gesamtgeldbuße“
Schließlich wurde auch die Verwendung des Begriffs „Gesamtgeldbuße“ beanstandet. Nach dem im Bußgeldrecht geltenden Kumulationsprinzip ist keine „Gesamtgeldbuße“ festzusetzen. Das Amtsgericht hatte diese Regelung missachtet und eine Gesamtstrafe für mehrere Verstöße verhängt, was ebenfalls als fehlerhaft eingestuft wurde.
Das Urteil des Amtsgerichts wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung u[…]