OLG Düsseldorf – Az.: I-7 U 136/21 – Urteil vom 08.07.2022
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 27.01.2021 teilweise dahingehend abgeändert , dass die Widerklage abgewiesen wird.
Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz (einschließlich des Berufungsverfahrens I-7 U 23/17) werden der Beklagten zu 90% und dem Kläger zu 10% auferlegt.
Die Kosten dieses Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Dieses und das angefochtene Urteil – soweit es aufrechterhalten bleibt – sind vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Parteien sind Geschwister und neben einem weiteren Bruder, A. B., Kinder der am 27.01.2014 verstorbenen C. D. B..
Mit Übertragungsvertrag vom 14.03.1992 (Bl. 105 ff) übertrug die Erblasserin, die Mutter der Parteien, dem Kläger zur Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes den zum Betrieb gehörenden landwirtschaftlichen Grundbesitz (Flurstück …, Gebäude, Ackerland, Grünland). Am 16.02.1993 schloss die Erblasserin mit dem Kläger einen notariellen Erb- und Erbverzichtsvertrag (Anlage K 1, Bl. 6 ff), in dessen § 2 der Kläger als alleiniger Erbe berufen wurde. Gemäß § 5 des Vertrages ist die Erbeinsetzung eine vertragsgemäße Verfügung. Die Beklagte genehmigte die für sie von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebene Erklärung, dass sie auf sämtliche Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche verzichte, nicht.
Bis 2011 wohnte die Erblasserin aufgrund eines im Übertragungsvertrag vom 14.03.1992 eingeräumten Wohnrechts unentgeltlich beim Kläger. Sie hatte lediglich die Nebenkosten zu zahlen. Am 20.08.2011 erlitt sie einen Schlaganfall und befand sich bis 30.08.2011 in stationärer Behandlung. Danach kam sie in eine Rehabilitationsklinik. Am 13.09.2011 begab sich der Notar E. in die Klinik und beurkundete unter Nr. … der Urkundenrolle für 2011 eine Vorsorgevollmacht der Erblasserin für die Beklagte und für die Tochter des Klägers, F. G.. Beide waren jeweils alleinvertretungsberechtigt. Die Vollmacht umfasste das Recht, Grundbesitz zu veräußern. Die Beklagte war als Bevollmächtigte befugt, Rechtsgesc[…]