Oberlandesgericht Schleswig-Holsteinisch – Az.: 1 U 122/20 – Urteil vom 15.10.2021
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.
Gründe
I.
Der Beklagte nahm für die Klägerin Außenarbeiten auf ihrem Hausgrundstück in X. vor. Nachdem die Klägerin den hierfür berechneten Betrag in Höhe von 28.829,80 € gezahlt hatte, widerrief sie ihre Erklärungen. Mit der Klage verlangt sie die Rückzahlung des Betrages. Wegen des näheren Sachverhalts und der im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unabhängig davon, ob die Parteien einen Bau- oder Werkvertrag (§ 650 a; § 631 BGB) geschlossen hätten, bestünde kein Widerrufsrecht der Klägerin. Es ergebe sich insbesondere nicht aus den §§ 312 g Abs. 1, 312 c Abs. 1 BGB. Die Parteien hätten keinen Fernabsatzvertrag geschlossen. Das erste, per Post übersandte Vertragsangebot des Beklagten habe die Klägerin mit E-Mail vom 11.03.2019 angenommen, das ebenfalls per Post versandte Angebot vom 08.08.2019 telefonisch. Jedoch hätten die Parteien nicht auch für die Vertragsverhandlungen – wie nach § 312 c Abs. 1 BGB erforderlich – ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet, denn es sei vor beiden Angeboten zu persönlichem Kontakt zwischen ihnen gekommen. Bei einer Auslegung des § 312 c Abs. 1 BGB unter Rückgriff auf die Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) sei von einem weiten Begriff der Vertragsverhandlungen auszugehen und davon, dass bei einem persönlichen Treffen regelmäßig das Widerrufsrecht entfalle. Der Verbraucher sei bei der Vergabe von Werkleistungen nicht mehr schutzbedürftig, wenn er sich bei einem Treffen ein Bild von dem Unternehmer und dessen wirtschaftlicher Seriosität habe machen können. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Parteien im Rahmen des persönlichen Treffens vor Ort bereits begonnen hätten, den späteren Vertragsgegenstand zu konkretisieren. Schließlich scheitere ein Widerrufsrecht auch daran, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt sei. Fälle, in denen Webseiten nur Informationen […]