Bundesverfassungsgericht
Az.: 1 BvR 2257/01
Beschluss vom 16.05.2002
Leitsatz:
Die fortdauernde Speicherung von personenbezogenen Daten, die im Rahmen der Strafverfolgung rechtmäßig erhoben wurden, ist nicht automatisch unzulässig, wenn der Betroffene im Strafverfahren freigesprochen wurde.
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. November 2001 – 11 LA 2756/01 – hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 16. Mai 2002 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen personenbezogene Daten, die ihm Rahmen eines Strafverfahrens erhoben worden sind, zu präventiv-polizeilichen Zwecken gespeichert werden dürfen.
1. Im März 2000 erteilte das Landeskriminalamt Niedersachsen dem Beschwerdeführer auf dessen Antrag die Auskunft, dass über ihn eine Kriminalakte geführt werde. Neben anderen zwischenzeitlich gelöschten Eintragungen befänden sich in der Akte Merkblätter vom 22. April und 29. Juli 1996 über den Tatverdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern (Herstellung/Verbreitung von so genannten Kinderpornos). Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Löschung dieser Eintragungen wurde durch das Landeskriminalamt zurückgewiesen. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Beschwerdeführer Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover. Zur Begründung seines Begehrens trug er vor, dass er nunmehr durch Urteil des Amtsgerichts Schönebeck vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern freigesprochen worden sei.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: § 39 Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes erlaube die Speicherung im Rahmen der Strafverfolgung rechtmäßig erhobener Daten, wenn dies wegen der Art, Ausführung oder Schwere der Tat sowie der Persönlichkeit des Tatverdächtigen erforderlich sei, um zukünftige vergleichbare Straftaten dieser Person zu verhüten oder für deren Verfolgung vorzusorgen. Auch im Falle eines freisprechenden Urteils könne ein die Speicherung rechtfertigender Tatverdacht fortbestehen. D[…]