BUNDESFINANZHOF
Az.: VI R 72/97
Urteil vom 12. September 2001
Vorinstanz: Thüringer FG
Leitsätze:
1. Unbeschadet der für den Arbeitgeber bestehenden Möglichkeit, Übernachtungskosten des Arbeitnehmers bei einer doppelten Haushaltsführung pauschal ohne Lohnsteuerabzug zu erstatten (Abschn. 43 Abs. 10 LStR 1993, nunmehr R 43 Abs. 11 LStR 2000), kann der Arbeitnehmer grundsätzlich nur nachgewiesene Übernachtungskosten als Werbungskosten geltend machen.
2. Bei einer Schätzung der Höhe der Übernachtungskosten sind weder die vorgenannten Pauschbeträge noch tarifvertragliche Bestimmungen über die Höhe von Auslösungsbeträgen maßgeblich.
Normen: § 3 Nr. 16, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO 1977, § 162 AO
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger arbeitete im Streitjahr (1994) an 197 Tagen als Klempner auf auswärtigen Baustellen. Für die hiermit verbundenen Aufwendungen wurde ihm von seinem Arbeitgeber ein Betrag in Höhe von 16 648 DM steuerfrei erstattet. Nach einer Bescheinigung seines Arbeitgebers erhielt der Kläger eine tägliche Auslösung in Höhe von 70 DM, in der eine –der Höhe nach nicht spezifizierte– Übernachtungspauschale enthalten sein sollte.
In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger Übernachtungskosten in Höhe von 5 242 DM geltend. In Höhe von 600 DM legte er entsprechende Einzelnachweise vor. Daneben machte der Kläger Übernachtungskosten in Höhe von 4 642 DM ohne Einzelnachweis geltend. Dabei berief er sich darauf, dass nach dem Tarifvertrag eine Auslösung von 75 bzw. 80 DM je Tag zu zahlen sei, die zu 30 v.H. auf Übernachtungskosten entfalle (30 v.H. von 80 DM x 140 Tage und 30 v.H. von 75 DM x 57 Tage). Seine gesamten Aufwendungen für Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand und Übernachtung bezifferte der Kläger mit 32 791 DM, wobei er die Differenz zu der Erstattung seines Arbeitgebers als Werbungskosten geltend machte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte Übernachtungskosten lediglich in der nachgewiesenen Höhe von 600 DM an; auch hinsichtlich der geltend gemachten Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen wich das FA von d[…]