BUNDESFINANZHOF
Az.: VI R 163/00
Urteil vom 26.07.2001
Vorinstanz: FG Köln
Leitsätze:
1. Eine Kindergeldfestsetzung ist ein zeitlich teilbarer Verwaltungsakt. Die Familienkasse ist daher befugt, eine unrichtige oder unrichtig gewordene Kindergeldfestsetzung in der Weise zu ändern, dass sie für verschiedene Zeitabschnitte (gesonderte) Änderungsbescheide erlässt.
2. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 wird nicht durch § 70 Abs. 3 EStG verdrängt; beide Vorschriften sind nebeneinander anwendbar.
3. Der Rückforderung zuviel gezahlten Kindergeldes kann der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen, wenn die Familienkasse mit der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs zu lange zuwartet.
Gründe
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der Vater eines im Jahre 1970 geborenen Sohnes sowie zweier weiterer Kinder. Der Sohn des Klägers nahm im Jahr 1994 ein Studium auf. Mit behördeninternen Verfügungen vom 21. Oktober 1994 und vom 29. November 1994 wurde für ihn Kindergeld bewilligt. Im Juli 1995 heiratete der Sohn des Klägers. In der Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes vom 21. Mai 1996 und vom 4. Februar 1997 gab der Kläger an, dass die Ehefrau seines Sohnes über ein Gehalt von monatlich 3 000 DM bzw. 3 250 DM verfüge.
Mit Bescheid vom 16. Juni 1997 hob der Beklagte und Revisionskläger (das Arbeitsamt –Familienkasse–) die Kindergeldfestsetzung für den Sohn des Klägers unter Berufung auf § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab April 1997 auf und begründete dies damit, dass die Hälfte des Nettoeinkommens der Ehefrau des Sohnes den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in Höhe von 12 000 DM übersteige. In dem Bescheid bat die Familienkasse um Mitteilung, in welcher Höhe der Kläger seinem Sohn in der Zeit von August bis Dezember 1995 Unterhalt geleistet habe, und um Vorlage eines Einkommensnachweises der Ehefrau des Sohnes für Dezember 1996. Weiter teilte die Familienkasse mit, dass sie über den Anspruch auf Kindergeld für August 1995 bis März 1997 entscheiden werde, sobald die Nachweise vorlägen.
Mit Datum vom 28. August 1998 erließ die […]