BFH
Az.: II R 15/ 98
Urteil vom 15. 3. 2000
Vorinstanz: FG Köln
Leitsätze:
1. Ein formunwirksames Vermächtnis kann der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn feststeht, dass –vom Formmangel abgesehen– eine Anordnung des Erblassers von Todes wegen vorliegt und der Beschwerte dem Begünstigten das diesem zugedachte Vermögen überträgt, um dadurch den Willen des Erblassers zu vollziehen.
2. Erfährt der Steuerpflichtige von einem betrieblichen Steuererstattungsanspruch durch eine höchstrichterliche Entscheidung, die erst nach dem Tod des Erblassers gegen die bis dahin von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung zu einem vergleichbaren Sachverhalt zugunsten eines anderen ergangen ist, gehört der Anspruch am Todestag des Erblassers nicht zum Betriebsvermögen i. S. von § 95 Abs. 1 Satz 1 BewG und ist deshalb nach § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG auch bei der Erbschaftsteuer nicht zu berücksichtigen.
3. Schulden können nach § 103 Abs. 1 BewG nur angesetzt werden, wenn der Aktivposten, mit dem sie zusammenhängen, als Wirtschaftsgut zu erfassen ist.
Normen:
ErbStG § 12 Abs. 5 Satz 2; BewG § 95 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 i. d. F. des StÄndG 1992 und des StandOG; AO 1977 § 41 Abs. 1 Satz 1
Gründe:
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Schwester (S) sind nach einem gemeinschaftlichen Erbschein vom 14. April 1994 Erben zu je 1/ 2 Anteil nach ihrem am 8. Dezember 1993 verstorbenen Vater (V). V war Inhaber eines Einzelunternehmens gewesen, dessen Gegenstand das Aufstellen und der Betrieb von Geldspiel- und Unterhaltungsautomaten war. Er ermittelte seinen Gewinn gemäß § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Nach den Ausführungen des Finanzgerichts (FG) äußerte V an seinem Todestag gegenüber seiner Lebensgefährtin und dem Kläger mündlich als letzten Willen, dass der Kläger das Unternehmen allein und ohne Ausgleichspflicht erhalten solle und das übrige Vermögen mit S zu teilen habe. Spätere Streitigkeiten zwischen dem Kläger und S wurden –so die weiteren Feststellungen des FG– durch nota[…]