Verantwortung bei der Fahrzeugüberlassung: Wann ist eine Fahrlässigkeit gegeben?
In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Bayerischen Oberlandesgericht München verhandelt wurde (Az.: 203 StRR 420/22), drehte sich alles um die Frage der Verantwortung bei der Fahrzeugüberlassung. Im Zentrum der Debatte stand die Prüfungspflicht von Fahrzeughaltern, wenn sie ihre Fahrzeuge an andere überlassen. Die Hauptproblematik lag dabei auf der feinen Linie zwischen Delegation und Fahrlässigkeit, insbesondere im Unternehmenskontext.
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Delegation von Halteraufgaben und rechtliche Kenntnisse
Die erste wichtige Feststellung des Gerichts war, dass eine unternehmensinterne Delegation der Halteraufgaben an eine Person mit Führungsaufgaben auch ohne die vorherige Vermittlung von rechtlichen Kenntnissen des deutschen und internationalen Fahrerlaubnisrechts möglich ist. Der Gehalt der erforderlichen Weisungen sollte sich maßgeblich an der Person des Beauftragten und der Art des Fahrzeuges orientieren.
Prüfungspflicht bei Vorlage eines EU-Führerscheins
Interessanterweise hat das Gericht entschieden, dass, wenn ein Mitarbeiter seinem Vorgesetzten einen von einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein vorlegt, dieser grundsätzlich von einer ordnungsgemäß erteilten Fahrerlaubnis ausgehen darf. Er muss also nicht davon ausgehen, dass der Führerschein gefälscht oder ungültig sein könnte, oder dass die Fahrerlaubnis dem Mitarbeiter inzwischen entzogen worden sein könnte. Eine solche Annahme wäre nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt.
Bedeutung der Delegation und Prüfungspflicht
In dem verhandelten Fall wurde der Angeklagte von der Vorwurf der Fahrlässigkeit freigesprochen. Das Gericht stellte fest, dass die Übertragung der Halterpflichten auf den Bauleiter dazu geführt hat, dass der Angeklagte von seiner eigenen Kontrollpflicht befreit wurde. Die Delegation der Halterpflichten bedarf keiner besonderen Form und kann mündlich erfolgen.
Ebenso bemerkenswert ist die Feststellung des Gerichts, dass selbst wenn ein Mitarbeiter seinem Vorgesetzten ein gefälschtes Dokument vorlegt, dies die Wirksamkeit der Delegation der Halterpflichten nicht beeinträchtigt. Die Frage, ob der Bauleiter im Einzelfall die Fälschung hätte erkennen können, ist für die Frage der wirksamen Delegation der Halterpflichten nicht relevant. [[…]