Unvorsichtig im Bus: Mitverschulden des Fahrgastes im Fokus
Ein vermeintlich alltägliches Szenario steht im Mittelpunkt dieser rechtlichen Auseinandersetzung, die bis vor das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein geführt hat. Ein Fahrgast erleidet während einer Busfahrt einen Unfall und erhebt Schadensersatzansprüche. Doch das Gericht sieht in dem Verhalten des Fahrgastes eine signifikante Mitschuld. Die entscheidende Frage in diesem Fall ist: Wie weit reicht die Eigenverantwortung des Fahrgastes im öffentlichen Nahverkehr?
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Fahrgastverhalten und Eigenverantwortung
Im Kern der Verhandlung stand das Verhalten der Klägerin, die während der Fahrt aufgestanden war und sich nur mit einer Hand an der Haltestange festhielt. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin „sehenden Auges ohne sachlichen Grund selbst in Gefahr begeben“ hat. Es unterstrich, dass Fahrgästen in Bussen eine Eigenverantwortung obliege, Gefahren für Leib und Leben abzuwehren. Das Gericht betonte, dass die Haftung der Beklagten im Kontext von § 254 BGB nicht überwiege und hob hervor, dass Fahrgäste eine Obliegenheit haben, sich selbst einen sicheren Halt zu verschaffen.
Der Fahrer, der Fahrgast und die Schuldfrage
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Falles war die Unterscheidung zwischen verkehrstypischen Fahrbedingungen und nicht verkehrsgerechtem Verhalten des Fahrzeugführers. Im Falle eines nicht verkehrsgerechten Verhaltens des Fahrzeugführers, müsse eine Abwägung zwischen den Verschuldensanteilen des Geschädigten und denjenigen des Fahrzeugführers bzw. Fahrzeughalters vorgenommen werden. Die Klägerin hatte ihren sicheren Sitzplatz vorzeitig verlassen und war bereits aufgestanden, bevor der Bus die Haltestelle erreicht hatte.
Keine allgemeine Pflicht zum beidhändigen Festhalten
In einem zusätzlichen Punkt ging es um die Frage, ob es eine generelle Pflicht zum beidhändigen Festhalten gibt. Das Gericht stellte klar, dass eine solche Pflicht nicht bestehe und ein solches Festhalten bei verkehrsgerechtem Verhalten nicht erforderlich sei. Es wurde jedoch auch angemerkt, dass Fahrgäste sich im Bus bemerkbar machen müssen, damit der Fahrer den Haltewunsch nicht übersieht.
Diese Entscheidung illustriert die Komplexität der Schuldfrage in Verkehrsunfällen und stellt die Eigenverantwortung der Fahrgäste ins Zentrum der Betrachtung. Sie hebt h[…]