LG Bonn – Az.: 1 O 206/20 – Beschluss vom 17.03.2021
Die Kammer weißt darauf hin, dass sie den tatsächlichen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 24.02.2021, was die Frage von Nachlieferungen von im Open-House-Verfahren gekauften Schutzmasken in anderen Vertragsverhältnissen und die Entgegennahme von Anlieferungen nach dem 30.04.2020 angeht (S. 12-21 des Schriftsatzes), für entscheidungserheblich hält.
Gründe
Dies beruht auf folgenden rechtlichen Erwägungen:
Eine der Kernfragen der vorliegend geltend gemachten Ansprüche ist, ob das gemäß den §§ 437 Ziffer 1., 439 BGB grundsätzlich erforderliche Nacherfüllungsverlangen der Beklagten ebenso wie die nach den §§ 437 Ziffer 2., 323 Abs.1 BGB hierfür vorgesehen Fristsetzung entbehrlich waren.
Dies kann vorliegend aus § 323 Abs.2 Ziffer 2. BGB folgen, wonach die Fristsetzung entbehrlich ist, wenn der Schuldner die Leistung – hier die mangelfreie Lieferung der vereinbarten Masken – nicht bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin bewirkt hat, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung in einer für den Schuldner erkennbaren Weise für den Gläubiger wesentlich gewesen ist.
Nach dem klaren Wortlaut des Vertragsinhaltes (vgl. § 3.2 und § 7.1 des Vertrages und Ziffer II.1.4 der Bekanntmachung des Open-House-Verfahrens) verdeutlichte die Beklagte jedem Vertragsinteressenten, dass die Einhaltung der genauen Leistungszeit für die Beklagte von so wesentlicher Bedeutung war, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft im Sinne von § 323 Abs.2 Ziffer 2. BGB „stehen und fallen“ sollte (vgl. H.Schmidt in Hau/Poseck, BeckOK-BGB, 55.Edit., 01.08.2020, § 323 Rd.28ff.; MüKo/Ernst, BGB, 8.Aufl. 2019, § 323 Rd.113 und Rd.118; Palandt/Grüneberg, BGB, 79.Aufl. 2020, § 323 Rd.20 jeweils m.w.N.). Dies gilt erst Recht in Anbetracht des konkreten Hintergrundes der Beschaffung von Schutzmasken durch die Beklagte und der Besonderheiten des hierfür gewählten Vergabeverfahrens als Open-House-Verfahren, bei dem der Auftraggeber zu vorher vorgegebenen Konditionen mit allen interessierten Unternehmen kontrahiert.
Ob die Parteien diese Fixabrede durch die Vereinbarung eines späteren Liefertermins als dem 30.04.2020 aufgehoben haben, ist eine Frage des Einzelfalls. Vorliegend sind die Masken bereits am 26.04.2020 in Absprache mit der Firma A bei der A KG in B angeliefert worden und wurden von dort in Regie von A weiter nach Deutschland transportiert, wo sie am 04.05.2020 (nach Angaben der Klägerin) bzw. 05.05.2020 (nach Angaben der Beklagten, an diesem T[…]