Bundesfinanzhof
Az.: VI R 165/ 99
Urteil vom 23. 11. 2000
Vorinstanz: FG Bremen
Leitstze:
Schicken die Eltern ihr sechsjähriges Kind zum Zwecke des für die Dauer von neun Jahren angelegten Schulbesuchs zu den Großeltern ins Ausland, verliert das Kind grundsätzlich seinen Wohnsitz im Inland. Besuchsweise Aufenthalte des Kindes in der elterlichen Wohnung führen auch dann nicht zur Beibehaltung des Wohnsitzes, wenn die Rückkehr des Kindes nach Deutschland nach Erreichen des Schulabschlusses beabsichtigt ist.
Normen: § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG; §§ 8, 9 AO 1977
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Höhe des Kindergeldanspruchs der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für ihre Tochter P für den Zeitraum ab Juni 1998. Die Klägerin, eine Deutsche, ist mit einem türkischen Staatsangehörigen verheiratet, der in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) als Arbeitnehmer berufstätig ist. Die nicht berufstätige Klägerin und ihr Ehemann leben mit ihren beiden jüngsten, im Oktober 1990 und im Juni 1998 geborenen Kindern in der Bundesrepublik. Die älteste, im Dezember 1986 geborene Tochter P lebte nach ihrer Geburt –mit Ausnahme eines kurzen Aufenthalts bei den Großeltern in der Türkei nach dem 15. September 1989– zunächst ebenfalls in der Wohnung der Klägerin und ihrer Familie in der Bundesrepublik. Im September 1992 wurde P in der Türkei eingeschult, wo sie bei ihren Großeltern wohnt. Seit Beginn ihres Schulbesuches in der Türkei hält sie sich nur noch in den Schulferien (etwa drei Wochen im Frühjahr und etwa zwei Monate im Sommer) in der Familienwohnung in der Bundesrepublik auf. P steht während dieser Aufenthalte in der etwa 60 qm großen Familienwohnung, bestehend aus Küche, Bad, Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, Kinderzimmer und Abstellraum, ein Zimmer zur Verfügung, das sie sich mit ihrem Bruder teilt, während das jüngste Kind im Elternschlafzimmer schläft. Nach dem Willen ihrer Eltern soll P nach Erreichen des Schulabschlusses in der Türkei im Jahre 2001 ihren dortigen Aufenthalt beenden und den Schulbesuch in der Bundesrepublik fortsetzen.
Die Klägerin begehrte mit ihrem am 16. Juni 1998 beim Arbeitsamt – Familienkasse – (Beklagter und Revisionsbeklagter –Bek[…]