Ein Erbe forderte die Grundbuchberichtigung ohne Erbschein bei Testament und legte dafür notarielle Ausschlagungen der Miterben vor. Doch das Grundbuchamt lehnte ab, weil ein späteres Dokument und die stillschweigende Annahme der Erbschaft Zweifel an der Wirksamkeit aufwarfen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 W 59/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken
- Datum: 16.09.2025
- Aktenzeichen: 5 W 59/25
- Verfahren: Grundbuchbeschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Grundbuchrecht
- Das Problem: Ein Miterbe wollte alleiniger Eigentümer im Grundbuch werden, nachdem seine Geschwister die Erbschaft notariell ausgeschlagen hatten. Das Grundbuchamt forderte trotz der notariellen Urkunden die Vorlage eines Erbscheins.
- Die Rechtsfrage: Können Erben das Grundbuch ohne Erbschein berichtigen lassen, wenn neben dem notariellen Testament noch ein späteres privates Testament und die Wirksamkeit der Erbausschlagungen unklar sind?
- Die Antwort: Nein, die Beschwerde wurde zurückgewiesen. Ein Erbschein ist zwingend erforderlich, da die Erbfolge wegen eines späteren privatschriftlichen Testaments und offener Fragen zur Annahme der Erbschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde.
- Die Bedeutung: Das Grundbuchamt ist nicht befugt, komplexe Tatsachenfragen wie die Wirksamkeit von Erbausschlagungen oder die Bedeutung konkurrierender Testamente abschließend zu klären. Diese Klärung ist Aufgabe des Nachlassgerichts und muss durch einen amtlichen Erbschein erfolgen.
Grundbuchberichtigung ohne Erbschein: Warum reichten ein notarielles Testament und zwei Erbausschlagungen nicht aus?
Ein Sohn, ein notarielles Testament und zwei offizielle Erbausschlagungen seiner Geschwister – auf den ersten Blick schien der Weg zum Alleineigentum am mütterlichen Grundstück frei. Alle Dokumente waren notariell beurkundet, die Erbfolge wirkte klar. Doch das Grundbuchamt legte sein Veto ein und forderte einen Erbschein. Der Fall landete vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken, das in seinem Beschluss vom 16. September 2025 (Az.: 5 W 59/25) eine entscheidende Frage klären musste: Wann ist die Kette der Nachweise so lückenlos, dass das Grundbuchamt auf den amtlichen Erbschein verzichten kann, und wann schleichen sich Zweifel ein, die eine tiefere Prüfung durch das Nachlassgericht unumgänglich machen? Die Entscheidung zeigt eindrücklich die Grenzen der Prüfkompetenz des Grundbuchamts und die juristischen Stolpersteine, die selbst in scheinbar klaren Erbfällen lauern können.
Was war der Ausgangspunkt des Streits?
Nach dem Tod ihrer Mutter am 14. April 2024 standen ihre drei Kinder zunächst als gemeinsame Erben da. Grundlage war ein notarielles Testament aus dem Jahr 2002, in dem die Mutter ihre drei Kinder zu je einem Drittel als Erben eingesetzt hatte. Auf dieser Basis wurden die drei Geschwister zunächst als Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen. Kurze Zeit später änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Zwei der drei Kinder – eine Tochter und ein weiterer Sohn – erklärten im Juni 2024 notariell beurkundet die Ausschlagung der Erbschaft. Der Sohn schlug dabei die Erbschaft zugleich für seine beiden eigenen Kinder aus. Damit verblieb nur noch der dritte Sohn, der die Erbschaft angenommen hatte. Er beantragte folgerichtig beim Grundbuchamt, das Grundbuch zu berichtigen und ihn als alleinigen Eigentümer des mütterlichen Grundstücks einzutragen….