Obwohl der Behandlungsfehler bei der zementierten Hüft-TEP feststand, musste das OLG Köln den komplexen Kausalzusammenhang bei Sekundärschäden neu bewerten. Die Klinik haftete für den verlängerten stationären Aufenthalt, entkam jedoch der Zahlung der geriatrischen Frührehabilitation. Zum vorliegenden Urteil Az.: I-5 U 22/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Köln
- Datum: 08.10.2025
- Aktenzeichen: I-5 U 22/25
- Verfahren: Arzthaftung im Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arzthaftungsrecht, Schadensersatzrecht, Sozialrecht
- Das Problem: Eine gesetzliche Krankenkasse forderte von einem Krankenhaus Schadensersatz. Es ging um die Mehrkosten einer Patientin nach einem Behandlungsfehler bei einer Hüftoperation. Der Fehler führte zu einem Knochendefekt und einer stark verlängerten Operation.
- Die Rechtsfrage: Muss das Krankenhaus für alle nachfolgenden Behandlungskosten aufkommen, wenn diese zeitlich auf den festgestellten Behandlungsfehler folgten?
- Die Antwort: Nur teilweise. Das Krankenhaus musste Mehrkosten für den verlängerten stationären Aufenthalt bezahlen. Die Krankenkasse erhielt 6.343,70 EUR. Die Kosten für geriatrische Frührehabilitation und starke Schmerzmittel (Fentanyl) wurden abgelehnt.
- Die Bedeutung: Bei Folgeschäden reicht es aus, wenn der ursächliche Zusammenhang überwiegend wahrscheinlich ist. Dies gilt aber nicht, wenn die spezifischen Nachbehandlungen (wie Reha) wahrscheinlich ohnehin aufgrund des Alters oder der Vorerkrankungen der Patientin nötig gewesen wären.
Behandlungsfehler bei Hüft-OP: Warum musste die Klinik nur einen Teil der Folgekosten tragen?
Eine Hüftoperation sollte die Lebensqualität verbessern, doch manchmal führt ein Fehler im Operationssaal zu einem langen Leidensweg. Wenn Komplikationen auftreten, stellt sich eine entscheidende Frage: Ist der ursprüngliche Fehler für alle nachfolgenden Probleme und Kosten verantwortlich? In einem Urteil vom 08. Oktober 2025 (Az.: I-5 U 22/25) hat das Oberlandesgericht Köln diese komplexe Frage der Kausalität im Arzthaftungsrecht detailliert beleuchtet. Der Fall zeigt, dass die Anerkennung eines Behandlungsfehlers nur der erste Schritt ist. Der zweite, oft schwierigere Schritt ist der Nachweis, welche Folgeschäden tatsächlich darauf zurückzuführen sind – eine Hürde, an der die klagende Krankenkasse hier teilweise scheiterte.
Was war bei der Operation genau passiert?
Am 16. August 2017 unterzog sich eine Patientin in der beklagten Klinik einer Operation, bei der ihr eine zementierte künstliche Hüfte (Hüft-TEP) eingesetzt wurde. Während des Eingriffs kam es zu einem entscheidenden Fehler: Der Knochenzement härtete zu früh aus. Dies zwang die Operateure zu korrigierenden Maßnahmen, die den Eingriff erheblich verkomplizierten. Die Folge waren ein Knochendefekt am Oberschenkelknochen (Femur) und ein Abbruch wichtiger knöcherner Strukturen. Die Operation dauerte dadurch deutlich länger als geplant. Nach dem Eingriff traten weitere Komplikationen auf, insbesondere eine erhebliche Ansammlung von Wundflüssigkeit (Serom). Statt der üblichen Genesungszeit von ein bis zwei Wochen musste die Patientin insgesamt 42 Tage stationär im Krankenhaus bleiben. Die gesetzliche Krankenkasse der Patientin übernahm die Kosten, sah die Verantwortung aber klar bei der Klinik. Sie verklagte das Krankenhaus auf Erstattung sämtlicher Folgekosten, die ihrer Ansicht nach durch den Fehler beim Zementieren verursacht wurden….