Beim Zustandekommen vom Werkvertrag beim Fertighausbau schickte das Bauunternehmen eine Auftragsbestätigung, die einen umfassenden Prüfungsvorbehalt enthielt. Dieser Prüfungsvorbehalt wandelte die angenommene Bestellung rechtlich in einen neuen Antrag um, den die Bauherrin nie annahm. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 O 77/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Hildesheim
- Datum: 01.11.2023
- Aktenzeichen: 5 O 77/23
- Verfahren: Zivilrechtlicher Rechtsstreit (Urteil)
- Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Allgemeines Vertragsrecht
- Das Problem: Ein Fertighaushersteller klagte auf hohen pauschalen Schadenersatz. Er forderte Geld, weil der Kunde den vermeintlichen Bauvertrag vorzeitig beendet hatte. Der Kunde bestritt, dass jemals ein rechtsgültiger Bauvertrag entstanden war.
- Die Rechtsfrage: Entsteht ein wirksamer Werkvertrag, wenn der Bauunternehmer die Annahme des Kundenangebots an eine spätere, umfassende Prüfung des Baugrundstücks knüpft?
- Die Antwort: Nein, die Klage wurde abgewiesen. Der Hersteller hatte das Angebot des Kunden nur „vorbehaltlich der Überprüfung“ bestätigt. Dies war eine inhaltliche Änderung des Angebots.
- Die Bedeutung: Eine Vertragsbestätigung, die wesentliche Prüfvorbehalte enthält, gilt rechtlich nicht als Annahme. Sie wird als ein neues Angebot gewertet, das die Gegenseite noch bestätigen muss. Fehlt diese Bestätigung, kommt kein Vertrag zustande.
Wann ist ein Werkvertrag für ein Fertighaus wirklich geschlossen?
Der Traum vom eigenen Haus beginnt oft mit einem einzigen Dokument: dem Werkvertrag. Eine Unterschrift, so die Vorstellung, besiegelt den Pakt zwischen Bauherr und Unternehmen. Doch was passiert, wenn die Antwort des Hausherstellers kein klares „Ja“, sondern ein „Ja, aber…“ ist? Genau diese entscheidende Frage, wann aus einem Angebot und einer modifizierten Annahme ein rechtlich bindender Vertrag wird, musste das Landgericht Hildesheim in einem Urteil vom 1. November 2023 (Az. 5 O 77/23) klären. Der Fall zeigt eindrücklich, dass eine Auftragsbestätigung, die mit einem Vorbehalt versehen ist, den gesamten Vertragsschluss zu Fall bringen kann – mit weitreichenden finanziellen Konsequenzen.
Was genau war passiert?
Eine Frau, die zukünftige Bauherrin, hatte sich intensiv von einem Fachberater eines Fertighausherstellers beraten lassen. Am 27. Dezember 2019 unterzeichnete sie ein vom Unternehmen vorbereitetes Formular mit der Überschrift „Werkvertrag über die Lieferung und Errichtung Ihres XXX-Hauses“. Mit ihrer Unterschrift gab sie ein verbindliches Angebot zum Bau eines Hauses zu einem Preis von knapp 500.000 € ab. Rund drei Wochen später, am 16. Januar 2020, erhielt sie eine Antwort des Unternehmens. Das Schreiben begann mit einer Bestätigung des Werkvertrags und nannte einen voraussichtlichen Baubeginn für das dritte Quartal 2021. Doch dann folgte eine entscheidende Einschränkung. Das Unternehmen erklärte die Bestätigung ausdrücklich „vorbehaltlich der Überprüfung, ob Ihr neues Zuhause entsprechend den Leistungen dieses Werkvertrages auch auf Ihrem künftigen Grundstück zu bauen ist oder ob Änderungen erforderlich werden, die aktuell noch kein Vertragsbestandteil sind“. Um diese Prüfung durchführen zu können, forderte das Unternehmen eine Reihe von Unterlagen an, darunter Lagepläne, Bodengutachten und Bebauungspläne. Auf dieses Schreiben reagierte die potenzielle Bauherrin nicht. Über drei Jahre herrschte Funkstille….