Wegen ernster Zweifel an der Echtheit eines handschriftlichen Testaments forderte das Nachlassgericht vom Erbscheins-Antragsteller 7.500 Euro für ein graphologisches Gutachten. Er weigerte sich zu zahlen, berief sich aber auf die gerichtliche Amtsermittlungspflicht bei Testaments-Zweifeln. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 W 39/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken
- Datum: 17.06.2025
- Aktenzeichen: 5 W 39/25
- Verfahren: Beschwerde in einem Erbscheinsverfahren
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Verfahrensrecht, Kostenrecht
- Das Problem: Der Sohn focht das Testament seiner Mutter an, da er die Echtheit bestritt. Das Nachlassgericht erteilte den Erbschein an die Tochter, ohne die nötigen Gutachten einzuholen, weil der Sohn den geforderten Kostenvorschuss nicht zahlte.
- Die Rechtsfrage: Darf ein Gericht die Klärung konkreter Zweifel an der Echtheit eines Testaments von der vorherigen Zahlung eines Kostenvorschusses durch einen Beteiligten abhängig machen?
- Die Antwort: Nein. Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung auf und verwies die Sache zurück. Das Gericht muss entscheidende Beweise von Amts wegen erheben und darf diese Pflicht nicht wegen eines fehlenden Vorschusses aussetzen.
- Die Bedeutung: Gerichte müssen alle notwendigen Tatsachen ermitteln, wenn konkrete Zweifel an einem privatschriftlichen Testament bestehen. Die Beweisaufnahme durch Sachverständige ist auch ohne sofortige Vorschussleistung durch die Beteiligten durchzuführen.
Kein Geld, kein Recht? Wenn der Vorschuss für ein Gutachten im Erbscheinsverfahren zum Streitpunkt wird
Ein Sohn, der die Echtheit des Testaments seiner Mutter anzweifelt. Eine Tochter, die durch ebenjenes Testament zur Alleinerbin werden soll. Und ein Gericht, das für die Klärung der Wahrheit einen Vorschuss von 7.500 Euro verlangt. Als der Sohn diesen Betrag nicht zahlt, stellt das Gericht seine Ermittlungen ein und erklärt die Tochter zur Erbin. Darf ein Gericht das? Mit dieser Kernfrage hat sich das Oberlandesgericht Saarbrücken in einem Beschluss vom 17. Juni 2025 (Az. 5 W 39/25) auseinandergesetzt und eine grundlegende Grenze zwischen den Kosten eines Verfahrens und der Pflicht des Gerichts zur Wahrheitsfindung gezogen.
Ein Testament voller Vorwürfe: Der Sachverhalt im Detail
Nach dem Tod ihrer verwitweten Mutter im Oktober 2024 standen sich die beiden einzigen Kinder, ein Sohn und eine Tochter, vor dem Nachlassgericht in Merzig gegenüber. Die Tochter legte ein handschriftliches Testament vor, datiert auf den 6. April 2019, und beantragte einen Erbschein, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte. Das Dokument war nicht nur ein letzter Wille, sondern auch eine Abrechnung: Es enthielt schwere Vorwürfe gegen den Sohn, sprach von Diebstahl und Straftaten und legte dar, dass er „leer ausgegangen“ sei. Der Sohn widersprach vehement. Er focht das Testament an und präsentierte eine Liste an Ungereimtheiten, die seine Zweifel an der Echtheit untermauern sollten. Die Unterschrift, so seine Behauptung, sei nicht die seiner Mutter. Das Datum wirke nachträglich eingefügt. Zudem sei das Dokument von Rechtschreibfehlern durchsetzt und der Vorname der Mutter falsch geschrieben („Margaretha“ statt „Margareta“). Bestimmte Details in dem Text, so der Sohn, könne nur seine Schwester gewusst haben. Er äußerte den Verdacht, seine Schwester habe die Mutter, die an Alzheimer gelitten habe und zeitweise vergesslich gewesen sei, unter Druck gesetzt….