Ein langjähriger Angestellter beantragte die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Post-COVID, doch die Rentenversicherung lehnte eine Zahlung komplett ab. Obwohl die Gutachter eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden attestierten, sah das Gericht das Leistungsvermögen täglich auf unter drei Stunden begrenzt. Zum vorliegenden Urteil Az.: S 20 R 671/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Sozialgericht Nordhausen
- Datum: 15.05.2025
- Aktenzeichen: S 20 R 671/23
- Verfahren: Klage auf Erwerbsminderungsrente
- Rechtsbereiche: Sozialrecht, Rentenversicherung, Erwerbsminderung
- Das Problem: Eine Klägerin forderte von der Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund schwerer gesundheitlicher Probleme, insbesondere des Post-COVID-Syndroms. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag ab, da sie die Klägerin für mindestens sechs Stunden täglich arbeitsfähig hielt.
- Die Rechtsfrage: Hat die Klägerin wegen der Gesamtwirkung ihrer Erkrankungen, insbesondere des schweren Post-COVID-Syndroms (Fatigue und kognitive Störungen), tatsächlich Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente?
- Die Antwort: Ja. Das Gericht sprach der Klägerin befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Die eingeholten medizinischen Gutachten belegten, dass ihre Leistungsfähigkeit unter drei Stunden täglich liegt.
- Die Bedeutung: Das Urteil stärkt die Rechte von Betroffenen des Post-COVID-Syndroms. Das Gericht stellte klar, dass für die Rentenbeurteilung die dokumentierten funktionellen Einschränkungen zählen und nicht nur das Fehlen eindeutiger biologischer Marker.
Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Post-COVID: Warum die Funktion wichtiger ist als die Diagnose
Ein unsichtbares Leiden mit greifbaren Folgen: Das Post-COVID-Syndrom stellt Betroffene, Mediziner und das Sozialrecht vor immense Herausforderungen. Wenn Erschöpfung, Schmerzen und kognitive Störungen den Arbeitsalltag unmöglich machen, stellt sich eine existenzielle Frage: Besteht ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente? In einem aufschlussreichen Urteil hat das Sozialgericht Nordhausen am 15. Mai 2025 (Az.: S 20 R 671/23) genau diese Frage bejaht. Die Entscheidung beleuchtet eindrücklich, worauf es bei der sozialrechtlichen Anerkennung ankommt – nicht auf einen eindeutigen Krankheitsnachweis, sondern auf die nachvollziehbare und umfassende Darstellung der funktionellen Einschränkungen.
Was genau war der Auslöser des Rechtsstreits?
Die Geschichte beginnt im Mai 2022. Eine 1987 geborene Frau, die seit einer COVID-19-Erkrankung im April 2021 unter einem komplexen Beschwerdebild leidet, beantragt bei der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie fühlt sich durch eine Kombination aus körperlichen und psychischen Symptomen, darunter chronische Schmerzen, Asthma, schwere Erschöpfung (Fatigue) und Konzentrationsstörungen, nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag jedoch nur wenige Wochen später ab. Auch der anschließende Widerspruch der Frau blieb erfolglos. Nach Einholung eines psychiatrisch-psychosomatischen Gutachtens kam die Behörde im Juni 2023 zu dem Schluss, dass die Frau weiterhin in der Lage sei, leichte Arbeiten für mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die diagnostizierten Leiden seien nicht schwerwiegend genug, um eine Rente zu rechtfertigen. Unbeirrt von dieser Einschätzung erhob die Frau Klage vor dem Sozialgericht Nordhausen….