Ein Berliner Hauseigentümer forderte im Streit um die ortsübliche Vergleichsmiete zwingend ein teures Sachverständigengutachten statt des einfachen Mietspiegels. Die gerichtliche Entscheidung kippt nun die bisherige Beweislast und könnte die Prozesse zur Rückzahlung überhöhter Mieten massiv vereinfachen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 67 S 285/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Berlin
- Datum: 01.07.2025
- Aktenzeichen: 67 S 285/24
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Mietpreisbremse, Ungerechtfertigte Bereicherung
- Das Problem: Ein Mieter forderte die Rückzahlung zu viel gezahlter Miete und Kaution. Der Vermieter wehrte sich und hielt den verwendeten Berliner Mietspiegel für ungültig.
- Die Rechtsfrage: Muss ein Gericht immer einen zusätzlichen Sachverständigen beauftragen, wenn es die ortsübliche Vergleichsmiete feststellen will, obwohl ein Mietspiegel vorliegt?
- Die Antwort: Nein. Ein ordnungsgemäß erstellter Mietspiegel reicht aus, um die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen. Das Gericht muss nicht zwingend ein zusätzliches Gutachten einholen.
- Die Bedeutung: Der Berliner Mietspiegel 2023 und 2024 gilt als zuverlässige Grundlage zur Berechnung der Miete. Mieter können damit weiterhin Rückzahlungsansprüche bei überhöhter Miete begründen.
Mietspiegel statt Sachverständigengutachten: Warum Berlins offizielle Mietdaten für Gerichte ausreichen
Ein offizieller Mietspiegel gegen das teure Gutachten eines Sachverständigen – dieser Konflikt ist ein Dauerbrenner im deutschen Mietrecht. Er wirft eine fundamentale Frage auf: Wie viel Vertrauen dürfen Gerichte in die von Städten und Gemeinden veröffentlichten Daten setzen, wenn es darum geht, eine faire Miete zu bestimmen? In einem Urteil, das für Klarheit in der Hauptstadt sorgt, hat das Landgericht Berlin am 1. Juli 2025 (Az.: 67 S 285/24) entschieden, dass der Berliner Mietspiegel eine ausreichend verlässliche Grundlage ist, um über die Rückzahlung überhöhter Mieten zu urteilen. Ein Sachverständigengutachten ist nicht in jedem Fall zwingend erforderlich.
Was war der Auslöser für den Rechtsstreit?
Ein Mieter einer Wohnung am Potsdamer Platz kam zu dem Schluss, dass seine Miete die ortsübliche Vergleichsmiete deutlich überstieg. Gestützt auf die Werte des Berliner Mietspiegels für die Jahre 2023 und 2024 forderte er von seiner Vermieterin die Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge. Konkret ging es um eine monatliche Differenz von 346,50 EUR für den Zeitraum von April bis Dezember 2023, was sich auf insgesamt 3.118,50 EUR summierte. Zusätzlich verlangte er die Rückerstattung einer zu hoch angesetzten Kaution in Höhe von 1.039,50 EUR. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht Mitte gab dem Mieter Recht und verurteilte die Vermieterin zur Zahlung. Doch diese akzeptierte das Urteil nicht und legte Berufung beim Landgericht Berlin ein. Ihr zentrales Argument: Das Amtsgericht habe einen schweren Fehler bei der Beweisaufnahme gemacht. Es hätte sich nicht allein auf den Berliner Mietspiegel stützen dürfen, sondern zwingend ein Sachverständigengutachten einholen müssen, um die ortsübliche Vergleichsmiete für die konkrete Wohnung zu ermitteln.
Welche rechtlichen Werkzeuge stehen einem Gericht zur Verfügung?
Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man das Zusammenspiel mehrerer rechtlicher Instrumente verstehen….