Die Schwester klagte als Alleinerbin gegen die Kinder ihres verstorbenen Bruders, um das Bezugsrecht der Lebensversicherung nach dem Todesfall rückgängig zu machen. Obwohl der Erblasser jederzeit einen Widerruf vornehmen konnte, ist die Erbin mit ihrem Anspruch möglicherweise zu spät gekommen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 W 32/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken
- Datum: 06.03.2025
- Aktenzeichen: 5 W 32/24
- Verfahren: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Erbrecht, Vertragsrecht
- Das Problem: Die Erbin des Verstorbenen forderte die Auszahlung der Todesfallleistung einer Lebensversicherung. Die Versicherung hatte das Geld bereits an die im Vertrag bestimmten Kinder des Verstorbenen ausgezahlt. Die Erbin argumentierte, sie habe die Begünstigung als Alleinerbin widerrufen dürfen.
- Die Rechtsfrage: Kann die Erbin eines Versicherten die Begünstigung aus einer Lebensversicherung nach dem Todesfall wirksam widerrufen, um selbst Anspruch auf die Auszahlung zu erhalten?
- Die Antwort: Nein. Das Bezugsrecht der Kinder wurde mit dem Tod des Versicherten endgültig und unwiderruflich. Die Kinder hatten somit einen direkten vertraglichen Anspruch gegen die Versicherung.
- Die Bedeutung: Eine zu Lebzeiten getroffene Bestimmung eines Bezugsrechts in einer Lebensversicherung wird mit dem Todesfall sofort fest. Dieses Recht kann von den gesetzlichen Erben nicht nachträglich beseitigt oder widerrufen werden.
Kann ein Erbe das Bezugsrecht einer Lebensversicherung nach dem Todesfall widerrufen?
Wenn ein Mensch stirbt, prallen oft zwei Welten aufeinander: das Erbrecht, das den Nachlass regelt, und die vertraglichen Vereinbarungen, die der Verstorbene zu Lebzeiten getroffen hat. Genau dieser Konflikt um Geld, Wille und Recht stand im Mittelpunkt einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 6. März 2025 (Az.: 5 W 32/24). Der Fall dreht sich um eine scheinbar einfache Frage mit weitreichenden Konsequenzen: Wenn der Erbe eines Verstorbenen dessen Kinder aus einer Lebensversicherung ausschließen will, wessen Wille zählt dann – der des Verstorbenen oder der des Erben? Das Gericht musste klären, ob ein im Todesmoment wirksam gewordenes Recht einfach per Brief widerrufen werden kann und welche Pflichten eine Versicherung in einem solchen Familienkonflikt hat.
Was war der Auslöser des Rechtsstreits?
Ein Mann verstarb am 13. Dezember 2018. Er war nicht verheiratet und hinterließ zwei Kinder sowie eine Schwester. Teil seines Vermögens war eine Direktversicherung, die sein Arbeitgeber für ihn abgeschlossen hatte. In der zugrundeliegenden Versorgungszusage war eine klare Rangfolge für den Fall seines Todes festgelegt: Die Versicherungssumme sollte an den Ehegatten gehen, falls nicht vorhanden an die Kinder, dann an die Eltern und erst an letzter Stelle an die Erben. Nach dem Tod ihres Bruders wurde die Schwester per Erbschein zur alleinigen Erbin bestimmt. Sie fackelte nicht lange. Mit Schreiben vom 8. Februar 2019 informierte sie die Lebensversicherungsgesellschaft, dass sie als Erbin die Begünstigung der Kinder ihres Bruders widerrufe. Einen Tag später erklärte sie auch gegenüber den beiden Kindern direkt den Widerruf. Aus ihrer Sicht handelte es sich bei der Begünstigung um ein Schenkungsangebot des Verstorbenen, das sie als dessen Rechtsnachfolgerin zurückziehen könne, bevor die Kinder es angenommen hatten. Die Versicherungsgesellschaft sah die Lage jedoch anders….