Ein Filialleiter versuchte, im Kündigungsschutzprozess eine hohe Jahresprämie durch die Vorlage eines gefälschten Arbeitsvertrages zu beweisen. Der bewusste falsche Prozessvortrag führte zur sofortigen außerordentlichen Kündigung, die keinerlei vorherige Abmahnung erforderte. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 SLa 735/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
- Datum: 13.08.2025
- Aktenzeichen: 2 SLa 735/24
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Kündigungsrecht, Arbeitsvertrag, Prozessführung
- Das Problem: Ein ehemaliger Filialleiter klagte gegen seine fristlose Kündigung. Die Firma warf ihm vor, er habe im Prozess einen gefälschten Vertrag vorgelegt, um sich hohe Bonuszahlungen zu erschleichen.
- Die Rechtsfrage: Darf ein Arbeitgeber fristlos kündigen, wenn der Mitarbeiter versucht, im Gerichtsverfahren durch vorsätzlich falsche Angaben finanzielle Vorteile zu erlangen?
- Die Antwort: Ja, die Kündigung war wirksam. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mitarbeiter vorsätzlich falsche Tatsachen zu seinem Arbeitsvertrag vortrug. Dieses schwerwiegende Fehlverhalten zerstörte das Vertrauensverhältnis nachhaltig und rechtfertigte die fristlose Kündigung.
- Die Bedeutung: Das Urteil bekräftigt, dass die bewusste Falschaussage im Gerichtsprozess (versuchter Prozessbetrug) ein wichtiger Grund für eine sofortige Kündigung ist. Eine vorherige Abmahnung ist bei solchem schwerwiegenden Vertrauensbruch nicht erforderlich.
Rechtfertigt ein falscher Prozessvortrag die außerordentliche Kündigung?
Ein Filialleiter verklagt seinen Arbeitgeber auf ausstehende Bonuszahlungen. Als Beweis legt er einen Arbeitsvertrag vor, der seine Ansprüche untermauern soll. Doch genau dieses Vorgehen wird ihm zum Verhängnis: Der Arbeitgeber wirft ihm versuchten Prozessbetrug vor und kündigt ihm fristlos. In einem Urteil vom 13. August 2025 (Az. 2 SLa 735/24) musste das Landesarbeitsgericht Niedersachsen klären, ob eine bewusst falsche Behauptung im Kündigungsschutzprozess selbst einen ausreichenden Grund für den sofortigen Jobverlust darstellt. Das Gericht kam zu einem klaren Ergebnis und hob damit die Entscheidung der Vorinstanz vom Arbeitsgericht Lingen (Az. 2 Ca 69/24) auf.
Was war der Auslöser für den Rechtsstreit?
Der Kläger war seit 2016 bei einem Fachhändler für E-Bikes beschäftigt, seit Juli 2021 als Filialleiter. Ein von beiden Seiten unterschriebener Arbeitsvertrag existierte nie, es gab jedoch verschiedene Entwürfe. Einer dieser Entwürfe vom März 2023 enthielt Regelungen über einen Jahresbonus von 10.000 Euro sowie eine Gewinnbeteiligung von 2 % am Filialgewinn. Kurz nach Versand dieses Entwurfs schrieb der Geschäftsführer dem Filialleiter eine E-Mail auf Niederländisch, in der er die baldige Zahlung des 10.000-Euro-Bonus in Aussicht stellte. Ende 2023 spitzte sich die Lage zu. Inventuren ergaben, dass mehrere Fahrräder fehlten. Gleichzeitig kamen Vorwürfe auf, der Filialleiter sei in Schwarzverkäufe verwickelt. Ein Mitarbeiter einer anderen Firma meldete, er habe vom Filialleiter einen Ersatzakku für 280 Euro in bar erhalten. Später behauptete der Arbeitgeber, ein weiterer Kunde habe einen Akku für 350 Euro bar und ohne Rechnung gekauft. Aufgrund dieser Vorkommnisse kündigte der Arbeitgeber dem Filialleiter im Januar 2024 zunächst ordentlich. Der Filialleiter wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage….