Ein Haustechniker mit GdB 50 forderte von seinem Arbeitgeber den Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, weil sein Job zu körperlich fordernd war. Doch trotz klarer medizinischer Fakten scheiterte der Anspruch an einer unerwartet hohen Hürde der Beweisführung. Zum vorliegenden Urteil Az.: 15 SLa 856/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
- Datum: 16.06.2025
- Aktenzeichen: 15 SLa 856/24
- Verfahren: Berufung
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Schwerbehindertenrecht, Prozessrecht
- Das Problem: Ein schwerbehinderter Haustechniker forderte von seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer Tätigkeit, die seine körperlichen Einschränkungen berücksichtigt. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und verweigerte die Zahlung von Entgelt, da keine geeignete freie Stelle vorhanden sei.
- Die Rechtsfrage: Kann ein schwerbehinderter Arbeitnehmer eine angepasste Tätigkeit einklagen, indem er nur seine gesundheitlichen Einschränkungen nennt, oder muss er konkret darlegen, welche Arbeit er trotz seiner Behinderung ausführen kann?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Klage und die Berufung zurück, da der Antrag auf Beschäftigung zu unbestimmt war und der Kläger nicht beweisen konnte, dass eine seinen Qualifikationen entsprechende leidensgerechte Stelle frei war.
- Die Bedeutung: Will ein Arbeitnehmer eine Behinderungsgerechte Beschäftigung einklagen, muss er nicht nur seine Einschränkungen darlegen, sondern auch konkret beschreiben, welche Aufgaben er bewältigen kann und welche Stelle er beansprucht.
Wann haben schwerbehinderte Arbeitnehmer einen Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung?
Einem langjährigen Mitarbeiter wird aufgrund gesundheitlicher Probleme eine Schwerbehinderung anerkannt. Sein bisheriger Job, der körperlich anspruchsvoll ist, kommt für ihn nicht mehr infrage. Das Gesetz scheint klar: Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, so beschäftigt zu werden, dass sie ihre Fähigkeiten möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber behauptet, es gäbe im gesamten Unternehmen keine einzige passende Stelle? Genau diesen Konflikt musste das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in seinem Urteil vom 16. Juni 2025 (Az. 15 SLa 856/24) entscheiden. Der Fall zeigt eindrücklich, dass der gesetzliche Anspruch kein Selbstläufer ist und warum es für Arbeitnehmer entscheidend ist, ihre Forderungen an den Arbeitgeber so präzise wie möglich zu formulieren.
Was genau war passiert?
Ein Mann war seit 2008 als Haustechniker bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Seine Aufgaben umfassten zuletzt vor allem den körperlich fordernden Auf- und Abbau von Tribünen. Doch dann konnte er aufgrund einer Erkrankung nicht mehr arbeiten. Ein ärztliches Attest bescheinigte ihm erhebliche Einschränkungen: Er sollte wiederholte Bewegungen, langes Gehen, Stehen, Sitzen, Bücken und Knien meiden. Das Heben, Schieben oder Tragen von Gegenständen über 15 Kilogramm war ihm ebenfalls untersagt. Aufgrund dieser Beeinträchtigungen wurde ihm rückwirkend ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt, womit er als schwerbehindert galt. Umgehend informierte der Techniker seinen Arbeitgeber über diesen neuen Status und forderte schriftlich, ihm ab dem Folgemonat eine seinen gesundheitlichen Einschränkungen entsprechende, also „leidensgerechte“ Tätigkeit zuzuweisen. Als dies nicht geschah, zog der Mann vor das Arbeitsgericht Hannover….